Stellungnahme der BI “Gegenwind Wetterau”

Betr.: Stellungnahme zum geplanten Windvorranggebiet 10500 zwischen Bad Nauheim, Wölfersheim, Rockenberg und Münzenberg

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei erhalten Sie die Stellungnahme der Bürgerinitiative „Gegenwind Wetterau“ zum derzeit geplanten Windvorranggebiet 10500 zwischen Bad Nauheim, Wölfersheim, Rockenberg und Münzenberg. Die Stellungnahme ist in sechs Teile gegliedert, um die unterschiedlichen Bereiche, auf die das geplante Windvorranggebiet wirken wird, mit den jeweiligen Auswirkungen aufzuzeigen:

 

1 Politische Aspekte

1.1 Subvention von Schwachwindgebieten

Auch wenn Schwachwindgebiete stärker subventioniert werden, wird hierdurch der Wind nicht stärker wehen und die so errichteten Anlagen werden somit auch nicht ökonomischer und ökologischer. Vielmehr wird mit dieser Art der Subvention die Zerstörung wichtiger Naherholungsgebiete subventioniert. Der ohnehin schon über die Massen privilegierte Ausbau der Windkraft erhält hier eine weitere wettbewerbsverzerrende Förderung.

Forderung: Die Subvention von Schwachwindgebieten ist einzustellen, da hier nur die großflächige Zerstörung der Natur, bei nicht gegebener echter Wirtschaftlichkeit, weiter gefördert wird.

 

1.2 Privilegierung der Windkraft

Mit dem derzeit privilegierten Bau von Windkraftanalgen nach §35 BauGB erhalten Einzelne (Landeinbringer) das Privileg, den Lebensraum vieler Menschen nachhaltig, mitunter aus rein monetären Überlegungen heraus, massiv zu verändern, wenn nicht gar zu zerstören. Die hier übertragene Verantwortung auf einen Einzelnen erscheint gemessen an den möglichen Folgen auf den Rest der ansässigen Bevölkerung als viel zu groß und unverhältnismäßig. So ist durch die Privilegierung der Wille der ansässigen Bevölkerung einer Entscheidung eines Einzelnen untergeordnet, was undemokratisch ist und sich nicht mit unserem demokratischen Grundsystem deckt.

Forderung: Die Privilegierung der Windkraft dahingehend, dass Einzelne über das Wohl und Unwohl großer Bevölkerungsteile entscheiden können, ist undemokratisch und daher aufzuheben.

 

1.3 Zerstörung von Sozialgemeinschaften

Aufgrund der bereits angesprochenen Privilegierung Einzelner (Landeinbringer) und der damit als ungerecht empfundenen Situation der Benachteiligten, wird es zu Spannungen in den Sozialgemeinschaften kommen. Wenn dann Emissionen und wirtschaftliche Probleme auf die Benachteiligten wirken, wird es unweigerlich zu einer Entzweiung der Gemeinschaften kommen, da einige wenige für die Probleme und Nöte der Mehrheit verantwortlich gemacht werden.

Forderung: Zum Erhalt der seit Jahrhunderten intakten Sozialgemeinschaften in unserem ländlichen Bereich ist die Privilegierung Einzelner durch §35 BauGB im Bereich der Windkraftanlagen aufzuheben, um so die Entzweiung der Gemeinschaften zu verhindern.

 

1.4 Umverteilung von Mitteln von unten nach oben

Mit der massiven Subvention der Windkraft über den Strompreis entsteht eine Umverteilung von Mitteln von unten nach oben. Hier verarmen finanziell schwächere Bevölkerungsschichten zunehmend. Der Aufbau eines zweiten Versorgungssystems, welches das bestehende, konventionelle nicht ablösen kann, ist daher unsozial.

Forderung: Die derzeitige Subventionspolitik der Windkraft, ohne erkennen zu können, dass hiermit die Energiewende erreicht werden kann, ist unökonomisch und unsozial und daher zu stoppen.

 

1.5 Wertminderung des Grundbesitzes

Aufgrund der angestrebten Nähe der Windkraftanlagen zu bestehenden Grundstücken und hier besonders zu Neubaugebieten, wird es zu einer Abwertung1 der betroffenen Immobilien kommen. Zudem wird sich bei Neubauten die bevorstehende Anschlussfinanzierung möglicherweise als schwierig erweisen, wenn die zugrunde liegende Immobilie einen Wertverlust von bis zu 40% erlitten hat. In Einzelfällen kann es daher zu Zwangsversteigerungen der nicht weiter finanzierbar gewordenen eigenen Immobilie kommen. Der so einhergehende Wertverlust kommt dann einer Enteignung gleich. Dies kann und darf nicht das Ziel einer sozialverträglichen Energiewende sein.

Auch das von einigen praktizierte Modell der Altersvorsorge auf Basis einer eigenen Immobilie wird so nicht tragen und die Zunahme der Altersarmut weiter begünstigen.

Forderung: Keine Ausweisung von Windkraftanlagen in einem Abstand unter 3km zu Wohnbebauungen, um so den einhergehenden Wertverlust auf unter 10% zu begrenzen.

 

1.6 Benachteiligung der Region

Aufgrund der relativen Größe des ausgewiesenen Plangebietes 10500 mit 868ha in einer ländlichen Region kommt es zu einer Benachteiligung. Erlebt unsere Region gerade einen Aufschwung, was den Zuzug von jungen Familien betrifft, so wird dieser stagnieren bzw. rückläufig werden, wenn wir Anrainer eines industriellen Windenergiegebietes mit besagten Ausmaßen sind. Die Region wird an Attraktivität verlieren und es bleibt zu befürchten, dass es zu einer über die Jahre hinweg spürbaren Abwanderung der Bevölkerung kommen wird. Der hier angeführte Effekt kann derzeit im Hohen Vogelsberg in der Gemeinde Ulrichstein beobachtet werden.

Forderung: Keine Benachteiligung der ländlichen Region um das Plangebiet 10500 und Aufgabe des Vorhabens Errichtung eines industriellen Windkraftgebietes mit dem Ziel einer weiteren Stärkung der Region durch vitalen Bevölkerungszuwachs.

 

2 Planerische Aspekte

2.1 Windpotenzialkarte TÜV SÜD

In der Windpotenzialkarte sind nur grob, anhand weniger Messpunkte, für ganz Hessen Windgeschwindigkeiten hoch gerechnet worden, deren Verlässlichkeit fragwürdig ist. Zudem sind die besonderen Bedingungen hinsichtlich der Windgeschwindigkeit über Wäldern und in der Nähe von Waldrändern nicht einbezogen worden. Auf diese Problematik wird in der Windpotenzialkarte anhängigen Bericht im Kapitel „8 Genauigkeit und Unsicherheitsanalyse“ eingegangen. Somit ist in 140m Höhe über Wäldern und in der Nähe zu Waldrändern noch ein Abzug von circa 3,4% zu beachten. Das bedeutet, dass Windgeschwindigkeiten auf der Windpotenzialkarte über Wäldern und in der Nähe von Waldrändern anzupassen sind. Wird der derzeitige Grenzwert von 5,75 m/s Windgeschwindigkeit in diesen Bereichen ausgewiesen, so ist dieser auf circa 5,55 m/s zu korrigieren. Nach dieser Korrektur liegen Gebiete im Wald und am Waldrand nicht mehr an der erforderlichen Mindestmarke und sind daher als mögliches Windvorranggebiet nicht mehr tauglich und entsprechend aus den Plangebieten zu entfernen.

Forderung: Ausweisen der prognostizierten Windgeschwindigkeiten in der Windpotenzialkarte unter Berücksichtigung aller eingehenden Modellparameter. Modell zur Berechnung ist zu erweitern und entsprechend zu komplettieren. Die Flächenabschnitten sind zu entfernen, die die Mindestgeschwindigkeit von derzeit 5,75 m/s, nach Berücksichtigung aller Kriterien, nicht erfüllen.

 

2.2 Windmessung zur Absicherung der Planung

Aufgrund der bereits angesprochenen Hochrechnung der Windgeschwindigkeit ausgehend von nur wenigen Messpunkten auf ganz Hessen und der angesprochenen Anmerkungen im Bericht zur Windpotenzialkarte2 wird deutlich, dass hiermit keine verlässliche Planungsgrundlage gegeben ist. Für konkret geplante und zur Genehmigung anstehende Standorte von Windkraftanlagen ist daher eine längerfristig durchgeführte Windmessung von mindestens einem Jahr nötig.

Forderung: Eine mindestens einjährige Windmessung zum Nachweis der geforderten Windgeschwindigkeit von unabhängigen Firmen als Bestandteil des Genehmigungsverfahrens.

 

2.3 Wirtschaftlichkeitsberechnung

Damit sichergestellt ist, dass nicht nur beim Bau Gewinne erzielt werden, sondern auch beim späteren Betrieb, der alle anfallenden Wartungs- und Reparaturarbeiten, Abschreibungen, Tilgungen, Pachtzahlungen etc. mit einschließt, ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung über die geplante Laufzeit offen zu legen. Auch die am Ende der Laufzeit erforderliche Entsorgung aller Komponenten insbesondere des Fundamentes als auch die Renaturierung der beanspruchten Flächen müssen kostendeckend nachgewiesen werden. Die Entsorgung von Sondermüll, wie bei den modernen Rotorblättern aus Kunststoff gegeben, ist ebenfalls realistisch zu berücksichtigen.

Forderung: Offenlegung der gesamten Wirtschaftlichkeitsberechnung vom Bau über den Betrieb, die Wartung und die spätere Entsorgung alle Komponenten bis zum Rückbau der beanspruchten Wege und Flächen. Eine von unabhängiger Seite überprüfte und als valide bestätigte Wirtschaftlichkeitsberechnung ist ebenfalls als Bestandteil des Genehmigungsverfahrens aufzunehmen.

 

2.4 Gesundheit

Derzeitige Lärmprognoseverfahren nach TA-Lärm und BimSchG erfassen den niederfrequenten Schall und den Infraschall, ausgehend von modernen Windkraftanlagen, nur teilweise oder gar nicht. Da sich jedoch die Erkenntnis über die krank machende als auch schädigende Wirkung von niederfrequentem Lärm und Infraschall, verursacht von Windkraftanalagen auf umliegende Anwohner, immer mehr bestätigt3, ist diesem Aspekt mit einer entsprechenden Abstandsregelung zwischen Windkraftanlagen und jeglicher Wohnbebauung (auch Aussiedlungen) Rechnung zu tragen. So fordert das Ärzteforum Emissionsschutz Erneuerbare Energien – Bad Orb derzeit einen Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohngebieten von mindestens 2 Km4 für eine Anlage. Hierbei kommt die Abstandsformel „10 mal Höhe der Anlage“ zur Anwendung. Bei mehreren Anlagen wird dann zusätzlich noch ein weiterer Faktor mit einbezogen, um die verstärkende Wirkung der Anlagen im Verbund zu berücksichtigen (bei zwei WKA 14xH, bei drei WKA 16xH, etc.).

Um auf der sicheren Seite zu bleiben und jegliche Gefährdung für die Anwohner so gering wie möglich zu halten, werden sogar 3 km Abstand empfohlen. Bis nicht abschließend geklärt ist, welcher Abstand für konkrete Windkraftanlagen einen ausreichenden Schutz der Bevölkerung garantiert, darf keine Genehmigung erteilt werden. Hier liegt die Sorgfaltspflicht eindeutig bei den politisch Verantwortlichen. Zudem ist laut Artikel 2(2) des Grundgesetzes die Gesundheit des Menschen geschützt.

Forderung: Der Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnsiedlungen jeglicher Art ist bis zur abschließenden Klärung der gesundheitlichen Risiken und möglichen Schädigungen der Bevölkerung auf mindestens 3 km zu erweitern. Bei mehreren Anlagen ist zudem ein weiterer Faktor in die Abstandformel „Anlagenhöhe mal 10“ einzubeziehen, der den lärmverstärkenden Effekt berücksichtigt. Wird dies keine Berücksichtigung finden, so ist dies eine mögliche Verletzung des Artikel 2(2) unseres Grundgesetzes.

 

3 Ökologische Aspekte

3.1 Wald

Eingriffe in den Wald, bei denen ein Arbeitsbereich für die Aufstellung der Windkraftanlage von bis zu 1ha abgeholzt wird, stellen schwerste Schädigungen dieses komplizierten Ökosystems dar und sind daher auszuschließen. Bis der Wald in seiner ursprünglichen Form wieder nachgewachsen ist und ein gleichwertiges Ökosystem entstanden ist, vergehen 50 Jahre (Bodenstruktur mit eingeschlossen). Nimmt man die Zuwegung zum Aufstellungsort der Windkraftanlage und deren erforderliche Erschließung hinzu, so gehen weitere Teile des Waldes verloren. Der Wald wird mit derartigen Abholzungen (Rechtecke von bis zu 1ha Größe) im Innenbereich zunehmend windbruchgefährdet. Somit kann sich der Erstschaden über die folgenden Jahre hinweg weiter ausbreiten.

Mit der tiefen Gründung der riesigen Fundamente einer Windkraftanlage und der damit verbundenen Drainagewirkung kommt es zu einem veränderten Grundwasserspiegel und zu Umleitung und Unterbrechung von Grundwasserbewegungen. Hiermit einher geht das Risiko, dass Bäume im Bereich der Windkraftanlagen in den Folgejahren vertrocknen. Auch diese Bäume werden aufgrund verminderter Widerstandsfähigkeit gegenüber Wind potentiell windbruchgefährdeter sein, bevor sie endgültig absterben. Auch hier wird der reale Schaden des Waldes erst in den Folgejahren sichtbar werden.

Unser intakter Wald ist der natürliche Weg, CO2 zu binden und Sauerstoff zu produzieren. Auf der Reduktion des CO2-Ausstosses liegt ein Schwerpunkt der Energiewende. Mit der Abholzung von Wald wird der CO2-Gehalt weiter ansteigen, da dessen Bindung nicht mehr erfolgen kann. Zudem kann dann auch kein Sauerstoff mehr produziert werden. Die letzten Jahre haben zudem gezeigt, dass trotz des massiven Ausbaus der Windkraftanlagen der CO2-Ausstoss weiter angestiegen ist. In Summe verlieren wir beim Thema Wald gleich dreimal: CO2-Bindung geht verloren, O2-Produktion geht verloren, mehr CO2-Ausstoss durch massiv ausgebaute Windkraft.

Forderung: Keine Windkraftanlagen im Wald. Der Erhalt einer CO2-bindenden Einheit, die zudem O2 produziert mit der in ihr angesiedelten ökologischen Vielfalt ist besonders schützenswert und zu erhalten.

 

3.2 Weitere Kumulation von Belastungen mit negativen Folgen

Derzeit befindet sich das Plangebiet 10500 mit seinen Anrainergemeinden in einem ohnehin schon stark belasteten Umfeld. So wirken in diesem Gebiet schon die Belastungen von zwei Autobahnen (A5 und A45), einer Haupteisenbahnlinie Kassel-Frankfurt („Main Weser Bahn“) und mehrerer Bundesstraßen (B3, B275, B455 und B488)

Des weiteren wird das genannte Gebiet bei vielen Flugbewegungen5, ausgehend vom Flughafen Frankfurt, überquert. Auch hier entstehen Lärm- und Abgasemissionen.

Forderung: Keine weiteren Emissionen durch industrielle Windkraftanlagen in einem ohnehin schon belasteten Umfeld. Es bleibt zu befürchten, dass eine weitere Zunahme von Belastungen in dieser Region zu einer Zunahme von Beschwerden in der Bevölkerung führen wird.

 

3.3 Gefährdung der Bevölkerung durch offene Industriegebiete

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Unfällen6 mit Windkraftanlagen. Hierbei kam es neben Eiswurf zu herab stürzenden Teilen beispielsweise durch das Bersten von Rotoren bis hin zum Abbruch ganzer, tonnenschwerer Rotorblätter und dem Kollaps kompletter Windkraftanlagen.

Forderung: Keine Schaffung von offenen Industriegebieten mit erheblichen Gefahrenpotentialen für die Bevölkerung.

 

3.4 Bedrohung von Wasserschutzgebieten

Aufgrund des industriellen Charakters von modernen Windkraftanlagen und den möglichen Havarien dieser Anlagen gehen massive Gefährdungen für das Grundwasser aus. Besonders bei Öl-Leckagen und Bränden (z.B. verursacht durch Blitzschlag) ist davon auszugehen, dass stark toxikologische Stoffe Einzug in den Boden halten und somit in das Trinkwasser gelangen können.

Forderung: Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in unserer Region, ist von der Etablierung eines industriellen Windkraftgebietes mit allen möglichen Folgen (siehe Unfälle oben) abzusehen.

 

3.5 Eingriff in die Grundwasserbewegungen

Bei den für moderne Windkraftanlagen erforderlichen Fundamenten mit Durchmessern von bis zu 30m kommt es zu einem massiven Eingriff in die Grundwasserbewegungen. Zum einen kann in diesem Bereich kein Wasser mehr versickern, sondern wird oberirdisch abgeleitet. Mit der fehlenden Versickerung und der Oberflächenableitung geht zwangsläufig eine Minderung des Grundwasserspiegels einher. Zudem steigt so das Risiko von Überschwemmungen bei starkem Regen, wenn Anlagen in großer Stückzahl auf einem Gebiet errichtet werden.

Mit der Tiefe und Größe der Fundamente werden aber auch Grundwasserbewegungen beeinflusst bzw. unterbrochen oder gestört. Welche Auswirkungen dies auf die vom Grundwasserspiegel abhängigen Pflanzen in unmittelbarer Nähe haben wird, kann nur schwer abgeschätzt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Grundwasserspiegel sinken und somit eine Austrocknung der direkten Umgebung begünstigt wird.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen in Bereichen, in denen Pflanzen direkt vom aktuellen Grundwasserspiegel abhängen (z.B. Wald) und zu befürchten ist, dass eben diese Pflanzen einer Austrocknung zum Opfer fallen bzw. stark geschwächt werden.

 

3.6 Bedrohung wertvoller Ackerböden

In der Wetterau verfügen wir über besonders hochwertige Ackerböden, die vor wenigen Jahren noch einem gesetzlichen Schutz unterstellt waren. Leider wurden diese Gesetze aufgehoben und man könnte im Nachhinein meinen, dass dies bereits erste Vorbereitungen für die Etablierung der privilegierten Windkraft waren.

Schon die Römer erkannten zu Zeiten des Limes die Besonderheit unserer Ackerböden und richteten die Versorgung ihrer Armee darauf ein.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen auf hochwertigen Ackerböden mit der einhergehenden Gefahr der Verseuchung der Böden bei möglichen Havarien von Windkraftanlagen.

 

3.7 Verlust eines Naherholungsgebietes

Derzeit befindet sich im Plangebiet 10500 ein sehr beliebtes und stark frequentiertes Naherholungsgebiet, welches nicht nur von der einheimischen Bevölkerung genutzt wird. Anhand der anzutreffenden Autokennzeichen in diesem Gebiet wird deutlich, dass auch Besucher aus Ballungsräumen hier Ausgleich und Erholung suchen. Mit dem Wegfall dieses Erholungsgebietes und dem Umbau in ein offenes Industriegebiet wird dieser Ausgleich unterbunden. Der von der Bevölkerung als wichtig empfundene und selbst organisierte Ausgleich in der freien Natur wird dann nicht mehr möglich sein. Inwieweit dann in entferntere Gebiete ausgewichen wird, ist unklar. Im schlechtesten Fall wird auf den in der heutigen Zeit so wichtigen Ausgleich verzichtet mit all den Folgeerscheinungen moderner Zivilisationskrankheiten.

Forderung: Keine Umwandlung eines bestehenden Naherholungsgebietes in ein offenes Industriegebiet mit dem Ziel der Erhaltung von Regenerationsräumen für die heimische Bevölkerung.

 

3.8 Bedrohung des Rotmilans

Der im Plangebiet 10500 jagende und sichtbare Rotmilan ist vor einer weiteren Gefährdung bei Erhöhung der Tötungswahrscheinlichkeit, bedingt durch Windkraftanlagen, zu schützen. Aufgrund der geringen Reproduktionsrate des Rotmilans wiegt hier jeder Verlust eines Individuums schwer und macht somit jedes Tier besonders schützenswert.

Es hat sich bereits gezeigt, dass die frei geräumten und kurz gehaltenen Flächen im Bereich der Windkraftanlagen besonders gern vom Rotmilan als Beuterevier genutzt werden. Dies liegt daran, dass er hier seine potentielle Beute besonders gut ausmachen kann. Da der Vogel bei seiner Jagd in diesem Bereich seinen Blick nach unten richtet, erkennt er die von oben heran rasende Gefahr der Rotorblätter nicht. Zudem wäre der Rotmilan im Extremfall auch gar nicht in der Lage, einer sich ihm mit 300 km/h nähernden Flügelspitze auszuweichen.

Forderung: Keine Errichtung von artgefährdenden Windkraftanlagen in Gebieten, in den der Rotmilan ansässig ist.

 

3.9 Bedrohung von Fledermäusen

Das Waldgebiet zwischen Münzenberg, Wölfersheim und Rockenberg ist Lebensraum und Rückzugsgebiet für viele gefährdete Fledermausarten. Durch den Bau von Windkraftanlagen in diesem Waldgebiet werden Höhlenbäume, die als Unterschlupf für Fledermäuse dienen, vernichtet. Neben direkten Kollisionen können die Tieren beim Betrieb der Windkraftanlagen auch durch das sogenannte Barotrauma zu Tode kommen. Dabei platzen ihre Lungen und inneren Organen, da durch Verwirbelungen hinter den Rotorblättern starke Druckschwankungen entstehen. Aus diesen Gründen ist ein Betrieb von Windkraftanlagen nachts, eine Stunde vor Sonnenuntergang sowie eine Stunde nach Sonnenaufgang bei einer Temperatur von mehr als 10°C gefährdend für alle Fledermauspopulationen und somit zu unterbinden. Damit kommt es zu einer erheblichen Einschränkung im laufenden Betrieb, was wiederum kein Ansinnen einer Windvorrangflächen sein kann und darf.

Forderung: Keine Errichtung von Windkraftanlagen in Gebieten mit Fledermauspopulationen und den somit erforderlichen Abschaltungen der Windkraftanlagen zum Schutz der Fledermäuse und der daraus resultieren Ineffizienz des Gesamtbetriebes.

 

3.10 Bedrohung von Vogelarten in umliegenden Vogelschutzgebieten

In direkter Nachbarschaft zum Plangebiet 10500 befinden sich Vogelschutzgebiete. Bei der Nahrungsbeschaffung der einzelnen Arten und dem sich teilweise vollziehenden Vogelzug bleibt zu Befürchten, dass die Vögel zu nahe an die in Nachbarschaft befindlichen Windkraftanlagen geraten und hier durch Einwirkung der Rotorblätter zu Tode kommen. Auch hier würde sich die Tötungswahrscheinlichkeit bereits geschützter Arten erhöhen, was zu einer Schwächung des Fortbestandes führen kann.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen in der Nähe von bestehenden Vogelschutzgebieten.

 

3.11 Bedrohung von Fluginsekten

Im Bereich der geplanten industriellen Windkraftanlagen findet an warmen Tagen ein ausgeprägter Insektenflug statt. Auch die Insekten werden Opfer der sich drehenden Flügel, da sie zu Tausenden erschlagen werden. Dies wird bei der dadurch bedingten Reinigung der modernen Flügelprofile mindestens einmal im Jahr deutlich. Die Flügel der Windkraftanlage sind dabei mit Insektenresten derart stark verschmutzt, dass sie ihre aerodynamischen Eigenschaften verändern und nicht mehr optimal arbeiten. Die geplante, starke Konzentration von vielen Windkraftanlagen auf einem so großen Areal wird mit Sicherheit einen Einfluss auf die dort vertretenen Fluginsekten haben. Da viele dieser Fluginsekten direkte Nahrungsquelle für weitere Tiere sind, wird sich der Rückgang der Beutetiere auf der einen Seite auch auf die Populationen der ansässigen Jäger auf der anderen Seite unmittelbar auswirken. Damit werden gleich mehrere Tierarten, die in einem Räuber-Beuteverhältnis zueinander stehen, in ihrem Fortbestand bedroht.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen in Gebieten mit starkem Insektenflug.

 

3.12 Bedrohung des Vogelzuges der Kraniche

Der sich zweimal im Jahr vollziehende Vogelzug der Kraniche überquert das Plangebiet 10500 direkt. Dies wird von uns seit nun über 20 Jahren beobachtet und ist bereits in Vogelzugkorridoren7 des NABU dokumentiert. Da die Tiere auch noch weit nach Sonnenuntergang gut hörbar fliegen und hierbei ihre Flughöhe deutlich verringern, da sie einen Rastplatz für die Nacht suchen, ist davon auszugehen, dass viele Tiere Opfer einer so großen Anhäufung von Windkraftanlagen werden. Zudem verringern die Tiere bei niedriger Bewölkung ihre Flughöhe ebenfalls, was sie dann auf direkten Kollisionskurs mit den Windkraftanlagen bringen kann.

Zudem werden Windkraftanlagen mit Rotordurchmessern von bis zu 120m riesige Wirbelschleppen verursachen, in denen eine Verletzungsgefahr für die Vögel besteht, obgleich sie nicht unmittelbar von einem Rotorblatt getroffen werden.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen in bereits bekannten Vogelzugkorridoren

 

4 Landschaftsbild

4.1 Kulturgut „Die Burg Münzenberg“

Das Kulturgut „Die Burg Münzenberg“ stellt ein weit über die Grenzen des Wetteraukreises hinweg bekanntes Kulturgut dar und ist daher besonders schützenswert. Eine Verschandelung des hier seit Jahrhunderten bestehenden Landschaftsbildes ist daher zu vermeiden. Der touristische Wert der Burg würde mit Sicherheit durch die einhergehende Verschandelung der Landschaft, bei der Errichtung von industriellen Windkraftanlagen im direkten Umfeld der Burg, verloren gehen, zumindest aber stark geschmälert werden. Dies hätte direkte Auswirkungen auf den seit Jahren gut ausgebauten Tourismus der Region. Eine wesentliche Einnahmequelle der Region wäre bedroht. Auch hier kann die Gemeinde Ulrichstein im Hohen Vogelsberg beispielhaft angeführt werden. Auch hier gehen die Übernachtungszahlen seit Jahren zurück, sieht man von den zwei Jahren ab, in denen die Monteure, die zum Bau der Windkraftanlagen benötigt wurden, dort untergebracht waren.

Forderung: Keine Errichtung von landschaftsverschandelnden Windkraftanlagen im Umfeld der Burg Münzenberg.

 

4.2 Optische Bedrängung

Aufgrund der immensen Größe heutiger industrieller Windkraftanlagen kommt es zu einer sogenannten Optischen Bedrängung der Anwohner. Es geht ein ungutes Gefühl von derartigen Giganten aus, die sich zudem bei Wind mit ihren riesigen Flügeln bewegen. Es kommt zudem aufgrund der ständigen Bewegung der Flügel zu einer unbewussten Ablenkung, die in Konzentrationsstörungen münden kann. Besonders im Bereich der vielen nahe gelegener Schulen hätte dies eine fatale Auswirkung auf die dort untergebrachten Schüler und deren Leistungsfähigkeit.

Zudem darf für Anwohner des Plangebietes 10500 kein Sichtwinkel von größer 120 Grad durchgängig mit Windkraftanlagen verbaut werden.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen im direkt sichtbaren Bereich von Wohngebieten, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen.

 

4.3 Nächtliches Blinklicht

Aufgrund der Höhe ist die nächtliche Befeuerung der Windkraftanlagen zur Flugsicherung erforderlich und vorgeschrieben. Das hierbei entstehende Blinklicht von bis zu 200 Windkraftanlagen bei Nacht kann zu Störungen der ansässigen Bevölkerung führen.

Forderung: Keine Errichtung von industriellen Windkraftanlagen im direktem Sichtbereich von Wohnsiedlungen

 

5 Wirtschaftliche Aspekte

5.1 Versorgungssicherheit und Gefährdung der Netzstabilität

Strom aus Windkraft kann nicht bedarfskonform erzeugt werden, sondern hängt vom Vorhandensein entsprechender Windverhältnisse ab. Die sich heute bereits abzeichnenden und in Zukunft in noch stärkerem Maße zu erwartenden Differenzen zwischen erzeugtem und benötigtem Strom bewegen sich früher oder später in der gleichen Größenordnung wie der im Mittel tatsächlich benötigte Strom (70 GW). Wenn man bedenkt, dass bereits ein Ungleichgewicht von 2,5GW innerhalb des europäischen Verbundes die Netzfrequenz um ca. 100mHz verändert, die Netzfrequenz aber um maximal 50mHz um den Mittelwert von 50Hz schwanken darf, kann man das Ausmaß der Schwierigkeiten ermessen, die bei Abweichungen in der Größenordnung von 50GW auf die Stromnetze zukommen.

Die gesetzlich erzwungene Trennung von Stromnetzbetreiber und Stromproduzenten erschwert die Regelungsaufgabe im Stromnetz (Frequenz- und Spannungshaltung) noch zusätzlich. Da die Netzbetreiber jedoch gezwungen sind, den kompletten EE-Strom ins Netz zu stellen (auch wenn überhaupt kein Bedarf besteht), wird kein Windkraftanlagenbetreiber abhängig vom Überlastungsgrad des Leitungsnetzes freiwillig auf die maximale Einspeisung verzichten, da dies mit wirtschaftlichen Nachteilen für ihn verbunden ist. Somit können weder Flauten ohne konventionelle Kraftwerke, die in der Lage sind, Strom nach Bedarf zu erzeugen, überbrückt werden, noch können Spannungsspitzen nach oben wirkungsvoll begrenzt werden.

Was dies für die vorhandenen Stromnetze und die Versorgungssicherheit der Region bedeutet, konnte einer der Autoren im letzten Sommer (28. Juni 2013) in Bad Nauheim selbst miterleben, als die Stromversorgung der Stadt für mehrere Stunden komplett kollabierte8.

Forderung: Keine Förderung von weiteren Windkraftanlagen, da die Netzstabilität sonst noch weiter leidet.

 

5.2 Kosten/Nutzen-Betrachtung

Menschliche Aktivitäten auf dem Planeten erhöhen den CO2 Anteil in der Atmosphäre um jährlich netto ca. 2ppm bei einem aktuellen Stand von 400ppm, d.h. um 0,5% pro Jahr. Der deutsche Anteil an der CO2-Emission beträgt 2,5%, verursacht also einen Anstieg um 0,01% pro Jahr. Selbst eine sofortige Stilllegung aller fossilen Kraftwerke in Deutschland hätte global also nur eine vernachlässigbare Wirkung zur Folge, es sei denn die hier gefundenen Lösungen sind so überzeugend, dass sie auch von anderen Ländern übernommen werden. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob die Windkraft zu einem solchen Ansatz mit Vorbildcharakter gezählt werden kann.

Mit Windkraft lässt sich, wie bereits in 5.1 dargelegt, Strom nicht bedarfsorientiert erzeugen. Zur Glättung der hohen Volatilität des Windstromes wären daher effiziente und bezahlbare Großspeicher erforderlich, die es allerdings nicht in dem benötigten Umfang gibt und aufgrund harter physikalischer Randbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in absehbarer Zukunft nicht geben wird. Alle bekannten Verfahren gehen entweder mit einem zusätzlichen hohen Landschaftsverbrauch einher oder sind so teuer bzw. ineffizient, dass eine Umlage auf den Strompreis in einer Demokratie nicht mehr möglich wäre.

Forderung: Entwicklung eines realistischen Energiekonzeptes, anstatt der Windkraft einen Beitrag zur Stromversorgung zuzuweisen, den sie nicht erfüllen kann.

 

6 Fazit

Aufgrund der in dieser Stellungnahme aufgezeigten verschiedensten Unwägbarkeiten, bei der Planung der derzeitigen Windvorranggebiete im Regierungspräsidium Darmstadt und im besonderen der hier größten ausgewiesenen Windvorrangfläche 10.500, widersprechen wir im Namen der Bürgerinitiative „Gegenwind Wetterau“ mit all unseren Mitgliedern dem geplanten Vorhaben an dieser Stelle. Wesentliche Gründe für unseren Widerspruch sind neben den Risiken für die Natur und aller darin enthaltenen Lebewesen, die fragliche Rentabilität der Windkraftanlagen in einem Schwachwindgebiet, der zweifelhafte Erfolg bei der aktuell praktizierten Energiewende, die bis dato nicht mit abschließender Sicherheit geklärten gesundheitlichen Auswirkungen und Schädigungen von Menschen durch den von Windkraftanlagen ausgehenden Lärm (ILFN) bei zu gering gewählten Abständen zwischen Windkraftanlagen und Wohnsiedlungen. Aufgrund der hohen Besiedlungsdichte unseres Landes halten wir daher die Windkraft für keinen sozialverträglich gangbaren Weg der Stromerzeugung.

Wir hoffen sehr und wünschen, dass die von uns an den Tag gelegte Fürsorgepflicht für unsere Mitmenschen und die sie umgebende Natur auch Einzug bei den politischen Verantwortlichen hält.

Für die Möglichkeit, unsere Stellungnahme einreichen zu können, bedanken wir uns abschließend und hoffen, dass unsere Anliegen möglichst große Berücksichtigung finden.

In Vertretung der Bürgerinitiative „Gegenwind Wetterau“
mit freundlichen Grüßen

Quellen:

  1. Wertverlust: von Grundstücken und Immoblilien:
    „Windkraft – Welche Vermögensverluste auf Anwohner zukommen“, BR – 25.11.2003 – Rolf Bovier.
    „Der Einfluß von Windkraftanlagen auf den Verkehrswert bebauter Wohngrundstücke“, Johann Wolfgang Goethe-Universität, 2003, Prof. Dr. Jürgen Hasse
    http://www.ulrich-richter.de/fakten/immobilienwert/ – verschiedene Berichte zu Wertverlust durch Windkraft
  2. Bericht zur Windpotentialkarte Hessen:
    http://www.energieland.hessen.de/mm/Windpotenzialkarte_Hessen_-_Bericht.pdf
  3. Studie Auswirkung des von WKA erzeugten ILFN auf benachbarte Anwohner:
    http://windkraft.clone-it.de/wka666/wp-content/uploads/2014/03/ILFN-Studie_u_Anlagen-1-3.pdf
    http://windkraft.clone-it.de/wka666/wp-content/uploads/2014/03/Anlage_4_Verlassene_H%C3%A4user_FINAL.pdf
  4. Gefährdung der Gesundheit durch WKA:
    http://windkraft.clone-it.de/wka666/wp-content/uploads/2014/03/%C3%84rzteforum_Gefaehrdung-der-Gesundheit-durch-Windkraftanlagen.pdf
  5. Flugspuren Frankfurt:
    http://dfld.de/Link.php?E=D&URL=Mess/ShowTrack.php?Lan=G!E=D!RegNr=1!StatNr=0!Datum=06.04.2012!Zeit=00:00:00!Davor=0!Danach=86400!Typ=3!Dim=0!Dt=0!NC=0!DR=1!SR=1
  6. Unfälle WKA in Deutschland und Österreich:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Unf%C3%A4llen_an_Windkraftanlagen_in_Deutschland_und_%C3%96sterreich
  7. Vogelzugkorridore NABU Landesverband Hessen:
    http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/positionen/positionspapier-windkraft-langfassung.pdf
  8. Netzstabilität:
    http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/nach-stundenlangem-stromausfall-bad-nauheim-wieder-am-netz-12263998.html