Wind Turbine Syndrome

Der nun folgende Fachvortrag ist durchaus anspruchsvoll, beschreibt aber umfassend die Vielschichtigkeit der Wirkung des von Windkraftanalgen ausgehenden Infraschalls auf den Menschen. Die vorgelegten Erkenntnisse haben inzwischen Einzug in das Amerikanische “National Institute of Health” erlangt. Das Thema wird dort Ernst genommen. Besonders markante Passagen des Fachvortrags, zu den Symptomen des “Wind Turbine Syndroms” (WTS), wurden rot eingefärbt.

Die bei WTS auftretenden Symptome sind bereits vom Ärzteforum Emissionsschutz Unabhängiger Arbeitskreis Erneuerbare Energien – Bad Orb erfasst worden. Eine Übersicht dieser Symptome steht unter Infraschall bereit.

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K-Selected Books, Santa Fe, NM
Wind Turbine Syndrome & the Brain
Nina Pierpont, MD, PhD*
15. November 2010

Das Nachfolgende ist der Text von Dr. Nina Pierponts Vortrag zum “First International Symposium on the Global Wind Industry and Adverse Health Effects: Loss of Social Justice?” (Erstes Internationales Symposium zur Globalen Windwirtschaft und Nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit: Ein Verlust Sozialer Gerechtigkeit?) in Picton, Ontario, Kanada, 30.Oktober, 2010. Im Anschluss daran folgt eine Diskussion mehrerer anderer relevanter Symposiumsbeiträge von Dr. Alec Salt, Dr. Michael Nissenbaum, Dr. Christopher Hanning, and Mr. Richard James.

Zusammenfassung

Jüngste Forschung – wie im nachfolgenden dargelegt – legt folgenden Wirkmechanismus für das Wind Turbine Syndrome (WTS) nahe: luft- oder bodenübertragener, niederfrequenter Schall stimuliert das Innenohr direkt und unter Hervorrufen von physiologischen Reaktionen in sowohl Cochlea (Gehörschnecke) und Otolithenorganen (Sacculus und Utriculus, Organe zur Erkennung von Lage und Beschleunigung des Körpers).

Die Forschung hat nun schlüssig dargelegt, dass physiologische Reaktionen in der Cochlea einen Höreindruck niederfrequenten Schalls unterdrücken, die Cochlea aber dennoch Signale an das Gehirn sendet. Die Funktion dieser Signale ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch größtenteils unbekannt. Die Reaktion der Cochlea auf WKA-Lärm ist zudem ein Auslöser für Tinnitus und für jene strukturellen Veränderungen auf Ebene der Gehirnzellen, für die Tinnitus das typische Symptom darstellt. Diese strukturellen Veränderungen haben einen Einfluss auf die Verarbeitung von Sprache und die grundlegenden Lernprozesse, die mit dieser Fähigkeit zur Verarbeitung von Sprache in Verbindung stehen.

Neue Forschung zeigt ebenfalls, dass die „Bewegungssensoren“, die Otolithenorgane von Säugetieren auf luftübertragenen, niederfrequenten Schall reagieren. Physiologische Reaktionen auf Signale der Otolithenorgane sind dafür bekannt, ein breites Spektrum an Reaktionen durch das Gehirn hervorzurufen. Diese beinhalten Benommenheit und Übelkeit (Seekrankheit, med. Kinetose, jedoch ohne die auslösende Bewegung), Angst und Aufschrecken (Schreckreflex, Schlaflosigkeit) sowie Schwierigkeiten beim Lösen visuell-räumlicher Aufgabenstellungen. Erhöhte Erregung in Folge von WKA-Geräuschen stört den Schlaf, selbst wenn sich Menschen nicht daran erinnern, aufgeweckt worden zu sein. Eine Bevölkerungsstudie in Maine zeigt deutliche Störungen von Schlaf sowie mentalem Wohlbefinden bis zu einem Abstand von 1400m zu den Turbinen, mit abnehmenden Effekten bis zu einem Abstand von 5km.

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* Nina Pierpont, MD (John Hopkins), PhD (Princeton: Population Biology). Pierpont gehört der American Academy of Pediatrics an und war Clinical Assistant Professor of Pediatrics am College of Physicians & Surgeons, Columbia University, New York, NY. Sie arbeitet gegenwärtig in ihrer eigenen Praxis, wo sie sich hauptsächlich mit Verhaltensmedizin sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen beschäftigt. Sie kann unter pierpont@westelcom.com kontaktiert werden. Ihr Buch „Wind Turbine Syndrome: A Report on a Natural Experiment“ (2009) kann über Amazon.com und über www.windturbinesyndrome.com bezogen werden.

Sensorische Systeme verändern funktionale Prozesse des Gehirns

Ich muss gestehen, dass ich eine eher ungewöhnliche medizinische Laufbahn habe. Ich bin eigentlich in Pädiatrie ausgebildet, jedoch gilt meinen Interessensschwerpunkt dem Gehirn und (dessen) Entwicklung und eigentlich praktiziere ich daher Psychiatrie und kindliche Entwicklung. Ich bin daran interessiert, wie man dem jungen Gehirn helfen kann, sich gut zu entwickeln – und am anderen Ende des Spektrums, welche Einflüsse normale Gehirnfunktionen bei normalen Menschen aus dem Gleichgewicht bringen, wie das beim Wind Turbine Syndrome (WTS) der Fall ist, und wie man diese Gehirnfunktionen wieder normalisieren kann. Ein Großteil aller Gehirnfunktionen steht im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Sinnesreizen – Sehen, Hören, Fühlen – und damit, wie das Gehirn grundlegende Sinnesreize aus allen Körperregionen zu einem stimmigen Bild des „selbst“, seiner Orientierung im Raum in jedem beliebigen Moment zusammenfügt und welche Schritte einzuleiten sind, um sich selbst zu erhalten. Diese Aufgaben zur unmittelbaren Selbsterhaltung reichen vom Elementaren und Physiologischem, also zum Beispiel der Atmung oder dem Sicherstellen der Blutversorgung verschiedener Bereiche des Körpers, bis hin zu komplexen sozialen und sprachbasierenden Anforderungen, wie z.B. herauszufinden, wie eine gerade geäußerte Bemerkung unseres Partners zu deuten ist. Unsere sensorischen Systeme vermitteln zwischen all diesen unterschiedlichen Anforderungen.

Sensorische Systeme verändern die Art und Weise, wie unser Gehirn arbeitet. Sie beeinflussen nicht nur, was ein Mensch oder ein Tier momentan fühlt oder denkt, sondern auch, wie das Gehirn in Zukunft arbeiten wird. Das betrifft auch die unmittelbare Zukunft. Dieser Prozess heißt neuronale Plastizität und stellt das neuronale Fundament des Lernens dar. Eric Kandel erhielt dafür im Jahre 2000 den Medizinnobelpreis [1 Tinnitus: Das Gehirn „erfindet“ Geräusche, wo keine Geräusche existieren]. Nehmen Sie zum Beispiel Tinnitus, auch bekannt als Ohrensausen. Ein wichtiger sensorischer Aspekt des Wind Turbine Syndroms. Klingeln, Rauschen, Zischen oder Wasserfallgeräusche – meine Patienten beschrieben alle Formen, manchmal „in den Ohren“, manchmal „im Kopf“ lokalisiert.
58% der Erwachsenen und älteren Teenager in meiner Testgruppe betroffener Familien hatten Tinnitus. Der Durchschnitt in der Bevölkerung liegt bei 4%. Personen, in deren Krankengeschichte Hörschäden oder eine Exposition von Industrielärm vorkamen, hatten ein höheres Risiko, an Tinnitus zu erkranken aber auch Betroffene ohne diese Risikofaktoren bekamen Tinnitus. Allgemein (Anm. d. Übers.: nicht von WTS betroffen) weisen Tinnituspatienten häufig Schädigungen der Cochlea, also des schneckenförmigen Hörorgans im Innenohr auf. Aufgrund dieser Schädigungen gingen viele Wissenschaftler davon aus, dass die Ursache von Tinnitus in Form verzerrte Hörsignale in der Cochlea zu finden sei. Die Cochlea sei eben irgendwie in der Lage, Nervensignale von Umgebungsgeräuschen zu generieren, ohne dass diese in der Umwelt wirklich vorhanden wären.
Mittlerweile ergibt sich jedoch ein recht anderes Bild des Tinnitus. Menschen deren Hörnerven (also die Nerven von der Cochlea zum Gehirn) vollständig durchtrennt wurden (zum Beispiel aufgrund eines Tumors auf dem Nerv) haben ebenfalls Tinnitus, obwohl, wie gesagt, keinerlei Information von der Gehörschnecke zum Gehirn gelangen kann.
In jüngster Zeit fand anhand bildgebender Analyseverfahren (wie zum Beispiel MRI oder PET) die Theorie Unterstützung, nach der Tinnitus nicht im Ohr, sondern in jenen Bereichen des Gehirns entsteht, die Hörsignale verarbeiten. Der Auslöser ist die Abwesenheit von Signalen der Cochlea oder ihrer Teilbereiche. Vereinfacht gesagt, das Gehirn „erfindet“ Geräusche, wo keine existieren [1 Kanel ER. 2000. The molecular biology of memory storage: a dialog between genes and synapses. Nobel Lecture]. Es ist wie der Phantomschmerz bei Menschen, die ein Körperteil verloren haben. Es gibt keinen nervlichen Input durch das entsprechende Körperteil, da das Körperteil fehlt, dennoch empfindet die Person die Schmerzen.
Das ist Tinnitus – ein Phantomschmerz. Es kann eine unangenehme, ja quälende Empfindung sein. Diese Veränderungen im Gehirn (analog zu dem, was bei Tinnitus passiert) geschehen sehr rasch. Wir erfahren dies aus dem New England Journal of Medicine, einer Fachzeitschrift die als unangreifbar gilt und die quasi die Norm medizinischer Forschung in den USA darstellt. Ein Artikel, der darin 2002 die Pathophysiologie des Tinnitus beschreibt, hält fest: Hörverlust führt zu einer Umstrukturierung der Nervenbahnen im Hörkortex. Diese Veränderungen können schnell geschehen und führen zu abnormalen Verknüpfungen zwischen den auditiven Verarbeitungspfaden und anderen zentralen Verarbeitungspfaden des Gehirns. Was also passiert ist, dass das Gehirn zwar neue Verbindungen herstellt, nicht aber sinnvolle. Es gleicht einem Chaos im Gehirn und das Ergebnis ist der Höreindruck von Geräuschen, die nicht existieren.

Wind Turbine Syndrome und Tinnitus

Hören Sie sich jetzt einmal diesen Fall aus „The Wind Turbine Syndrome[3] an. Eine real existierende Familie in Kanada, in meiner Studie als „Familie A“ bezeichnet. Nennen wir sie die Smiths. Nennen wir sie Frank, Marlene und den 2-1/2 jährigen Sohn Justin. Frank, 32, ist ein gesunder Fischer, der sein eigenes Bot besitzt. 10 Windkraftanlagen, in einer Reihe angeordnet, auf ihr Haus gerichtet, die nächstgelegene 1 km entfernt, gehen ans Netz. Frank hat mehrfach Knallgeräusche in den Ohren, die Druckausgleichen ähneln. Nach 3 Wochen setzt ein andauernder Kopfschmerz ein, sobald er zuhause ist. Dieser verschwindet nach mehreren Stunden, wenn es das Haus verlässt und setzt nach einigen Stunden nach Rückkehr wieder ein. Mehrere Wochen nach Beginn der Kopfschmerzen setzt ein Tinnitus ein und verschlimmert sich im Laufe einer 5-monatigen Exposition, bis die Familie ihr Haus aufgibt und ein Haus in der Stadt mietet.
Seine Frau, Marlene, 33 ist Buchhalterin und bemerkt gleichfalls wiederholtes „Ploppen“ in den Ohren während der ersten 3 Wochen (des WKA Betriebs, Anm. d. Übers.). Sie bemerkte zudem, dass ihr Hörvermögen abgenommen hatte. Nach 3 Wochen setzte Tinnitus ein. Der Tinnitus hielt an und verschlimmerte sich während der 5 Monate der Exposition, dabei variierte der Tinnitus in Abhängigkeit von der Aufenthaltsdauer im Haus und der Lautstärke der Turbinen. Nach Ende der Exposition, so erzählte sie mir, verschwand der Tinnitus, jedoch bemerkte sie ein neu aufgetretenes Problem: eine Unfähigkeit, einer Unterhaltung in einem lauten Raum zu folgen. Sie bemerkte, dass sie nun das Gesicht des Sprechenden weit genauer beobachten musste als früher. Während der Dauer der Exposition zerrte der junge Justin, ein gesunder 2-1/2 Jähriger, an seinen Ohren und verhielt sich quengelig zu genau den Zeiten, an denen die Familie eine Häufung der Kopfschmerzen und den Tinnitus beobachtet. Die Entwicklung seiner sprachlichen Fähigkeiten war vor, während und nach der Exposition gut, jedoch konnte seine Mutter beobachten, dass er während der Einwirkung die Laute T mit K und W mit L zu verwechseln begann – etwas, das er zuvor nicht getan hatte. Dieses Verwechseln dauerte zum Zeitpunkt des Interviews mit den Eltern, 6 Wochen nach Ende der Exposition, noch an.

Lassen Sie uns nun klinischen Bericht und Forschung vergleichen, Medizinwissenschaft und eine real existierende Familie. Diese zwei Erwachsenen hatten über den Verlauf mehrerer Wochen Druckschwankungen in ihren Ohren verspürt, in einem Fall mit einhergehender Minderung des [2 Lockwood AH, Salvi RJ, Burkard RF. 2002. Tinnitus. N Engl J Med. 347(12): 904-10.] [“3 Pierpont, N. Wind Turbine Syndrome: A Report on a Natural Experiment. K-Selected Books, 2009, 294 pp.] Hörvermögens. Dann bekamen beide Tinnitus. Der Tinnitus verschwand, nachdem die Exposition aufgehört hatte, dennoch konnte Marlene bei sich selbst und bei ihrem Kind, Justin, subtile Veränderungen in der Hörwahrnehmung feststellen. Das Isolieren einer Stimme aus einem Hintergrundgeräusch ist ein Beispiel für die auditive Verarbeitung von Hörereignissen, also dafür, wie das Gehirn Signale des Ohrs zur Wahrnehmung von Sprache, Musik oder dem Gesang der Einsiedlerdrossel oder anderen wiedererkennbaren und bedeutungstragenden Klängen zusammenfügt. Um ein Geräusch von Hintergrundgeräusch zu isolieren, verarbeitet Ihr Gehirn simultan die Signale beider Ohren und verwandelt diese in eine neue Wahrnehmung, die das, was ein Ohr alleine zu leisten vermag, übertrifft. (Es ist sozusagen wie die räumliche Wahrnehmung mit zwei Augen).
Hören bei gleichzeitigem Vorhandensein von Hintergrundgeräuschen ist ein Element auditiver Signalverarbeitung, und eines, das Audiologen häufig testen. Das Unterscheiden sprachbezogener Klänge (Phoneme – Anm. d. Übers.) ist ein weiterer entscheidender Aspekt der Verarbeitung von Geräuschen im Gehirn – insbesondere für Kinder, die im Begriff sind, Sprachkompetenz zu erwerben.
Was haben wir hier also? Wir haben das New England Journal of Medicine, das uns sagt, dass sich Hörbahnen im Gehirn schnell umstrukturieren sobald Defekte seitens des Signalinputs von den Ohren vorliegen, was zu Tinnitus führt. (Lassen Sie uns nicht vergessen, dass „umstrukturieren“ eine Verschlechterung der Funktion darstellt, keine Verbesserung. Betrachten Sie dies im Zusammenhang mit den Prozessen struktureller Veränderungen die stattfinden, wenn ein Kind sprechen lernt.) Wir haben also zum einen diese Forschungsergebnisse und zum anderen junge, gesunde Erwachsene, die uns von ihren Beobachtungen bezüglich ihres Hörvermögens und gehörbezogener Abläufe berichten, während sie einer massiven Lärmbelastung ausgesetzt waren. Im Übrigen beschrieb Marlene das Geräusch als „Nicht nervend wie eine Kettensäge, mehr wie eine pulsierende Störung. Einer außenstehenden Person würde es nicht als laut vorkommen.“ Ich vermute, dass bei einem so jungen Kind wie Justin, 2,5 J., der des Einflusses des Schalls so schnell entzogen wurde, die Auswirkungen vollkommen reversibel sind. Es ist jedoch weniger wahrscheinlich, dass die Wirkung bei längerer Exposition oder fortgeschrittenem Alter ebenfalls reversibel ist. Das ist ein genereller Mechanismus bei der Entwicklung des Gehirns. Lärmexposition, selbst bei relativ geringen Pegeln, stört die Teile des Gehirns, die Sprache dekodieren und die für das Lernen gelesener oder gehörter Sachverhalte zuständig sind Diese Interpretation der Erfahrung die die Familie Smith gemacht hat, basiert auf der Tinnitusforschung sowie einem weiteren Forschungsgebiet, der Untersuchung der Auswirkungen von anderem (als LFN/IS, –Anm. d. Übers.:) Umweltlärm, wie z.B. Verkehrs- oder Fluglärm auf die Lernleistungen von Kindern.
Lesenlernen ist ein sprachbezogener Prozess, der gegenüber den Auswirkungen von Lärm zuhause oder in der Schule besonders empfindlich ist. Der Effekt unterscheidet sich von den Auswirkungen von Lärm auf die Aufmerksamkeit oder das Kurzzeitgedächnis [4] und steht in Verbindung mit Abläufen wie der Spracherkennung [5]. In einer Studie in einer deutschen Stadt wurde zum Beispiel ein Flughafen geschlossen und ein neuer gebaut. Forscher hatten die Gelegenheit, die Lesekompetenz zweier Gruppen von Kindern zu untersuchen. Diejenigen Kinder, die nahe des geschlossenen Flughafens wohnten, zeigten [4 Haines MM, Stansfeld SA, Job RFS, Berglund B, Head J. 2001. A follow-up study of effects of chronic aircraft noise exposure on child stress responses and cognition. Int J Epidemiol 30: 839-45.] [5 Evans GW, Maxwell L. 1997. Chronic noise exposure and reading deficits: the mediating effects of language acquisition. Environ Behav 29(5): 638-56.] Verbesserungen ihrer Lesefertigkeiten, wären die Leistungen der Gruppe nahe des neueröffneten Flughafens abfielen [6]. Eine andere Studie betrachtete die Auswirkungen von Lärm auf Lesefertigkeiten und auditive Leistungen von Kindern in einem Wohnblock nahe einer vielbefahrenen Autobahn. Nochmals, auditive Verarbeitung / auditive Kohäsion ist das, was das Gehirn mit den Signalen des Ohrs macht, wenn es sie in verständliche Sprache oder andere Klänge verwandelt. Je weiter oben im Gebäude die Kinder wohnten, desto leiser waren deren Wohnungen und umso besser war ihre Lesekompetenz und ihre Leistungen bei lautlicher Unterscheidung, also zum Beispiel der Differenzierung von boat und goat. Die Studie berücksichtigte Faktoren wie Bildung der Eltern oder deren Einkommen und kam dann zu dem Schluss, dass Kinder mit höherer Lärmexposition eine Verzögerung im Erwerb ihrer Lesekompetenz aufwiesen. Der Grad der Verzögerung im Erwerb von Lesekompetenz wurde durch die mangelnde Fähigkeit der Kinder zur Differenzierung von Lauten erklärt. Diese verschlechterte sich zudem im Laufe der Zeit [7].
Anders ausgedrückt, das Vorhandensein von Lärm in der Umwelt der Kinder schwächte die Fähigkeit ihrer Gehirne, sprachliche Laute zu verarbeiten, was wiederum ihre Lesefertigkeit verringerte. Es war also nicht so, dass etwa Lärm sie daran gehindert hätte, Lerninhalte zu verstehen, vielmehr war es so, dass Lärm die Fähigkeit ihrer Gehirne, Sprache zu verarbeiten in Mitleidenschaft gezogen hatte, selbst wenn die Sprache über das Sehen aufgenommen wurde, wie es der Fall ist, wenn man liest. Darüber hinaus geschehen diese Auswirkungen von Lärm auf die Lesekompetenz bei Lärmpegeln weit unterhalb der Pegel, ab denen Hörschädigungen eintreten [8]. Andere Studien konnten zeigen, dass Kinder höherer Klassenstufen stärker betroffen sind und längere Expositionsdauer zu stärkeren Defiziten führt [9].

In meiner Studie zu WKAs zeigten 7 von 10 Kindern während der Dauer der Exposition schlechtere schulische Leistungen als zuvor oder danach. Dies beinhaltete unerwartete Probleme beim Lesen, in Mathematik, bei der Konzentrationsfähigkeit und bei Klassenarbeiten. Die Probleme wurden sowohl von den Eltern als auch den Lehrern festgestellt. So subtil die Effekte auch sein mögen – die Folgerungen die sich daraus ergeben, sind schwerwiegend. Lärmexposition, selbst bei relativ geringen Pegeln, stört sowohl jene Bereich des Gehirns, die für die Verarbeitung sprachlicher Klänge verantwortlich sind (was wir die Dekodierung von Sprache nennen) als auch jene Bereiche, mittels derer wir Sachen, die wir hören oder lesen, verstehen oder lernen oder uns daran erinnern (wir nennen dies sprachbasiertes Lernen).

Lassen Sie mich betonen, dass dies durch Lärmexposition niedriger Pegel, die das Gehör nicht schädigen, geschieht. Die Gleichgewichtsorgane: Im Gehirn durch die Verknüpfung mit verschiedenen Sinneswahrnehmungen und durch vielfältige Nutzung ihrer Signale mit vielen Hirnregionen verbunden. [6 Hygge S, Evans GW, Bullinger M. 2002. A prospective study of some effects of aircraft noise on cognitive performance in schoolchildren. Psychol Sci 13: 469-74.] [7 Cohen S, Glass DC, Singer JE. 1973. Apartment noise, auditory discrimination, and reading ability in children. J Exp Soc Psychol 9: 407-22.] [8 Evans GW. 2006. Child development and the physical environment. Annu Rev Psychol 57: 423-51.] [9 Evans 2006.]

Es gibt noch eine „andere“ Gruppe von Organen im Innenohr, die Gleichgewichtsorgane (auch Vestibularapparat genannt). Sie bestehen aus Utriculus und Sacculus (den beiden Otholithenorganen, oder „Ohrensteinchen“-Organen, in denen mikroskopisch kleine Steinchen unsere Wahrnehmung von Schwerkraft oder Beschleunigung steuern), sowie den Bogengängen, die die Rotationen des Kopfes in 3 Ebenen wahrnehmen. Der Gleichgewichtssinn ist vermutlich der in der Bevölkerung und bei Ärzten am wenigsten gut bekannte Sinn. Es ist ein besonderer Sinn. Er besitzt einige spezifische Organe (den Vestibularapparat und, wie eben beschrieben, das Innenohr) aber diese Organe funktionieren nicht alleine, nicht ohne die Zusammenschaltung (und die vermittelnde Leistung des Gehirns) von Signalen aus allen Bereichen des Körpers.

Wir benutzen diesen Sinn nicht nur, um die Balance zu halten (um aufrecht zu bleiben), sondern auch um jederzeit sagen zu können, wo wir uns im Raum befinden und wie schnell und in welche Richtung sich unser Körper bewegt. Der Gleichgewichtssinn liefert zum Beispiel den Muskeln für die Augenbewegung sowie den die Haltung regulierenden Muskeln in Hals und Rücken unmittelbares Feedback. Er sorgt zudem für eine Anpassung an die Schwerkraftverhältnisse, indem er die Kontraktion der Arterien und kleinerer Blutgefäße im ganzen Körper steuert und den Herzschlag reguliert, so dass das Blut gleichmäßig verteilt bleibt, egal ob man steht, liegt oder auf dem Kopf steht. Gleichgewicht und die Wahrnehmung von Bewegung bedarf des Inputs der Augen, von Dehnungsrezeptoren in Muskeln und Gelenken überall im Körper, von Berührungsrezeptoren der Haut, und, wie man jetzt weiß, von Dehnungs- und Druckrezeptoren in und um die inneren Organe, sowie von den großen Blutgefäßen in Brust- und Bauchraum. [10] Sowie zudem der Signale des Innenohrs, von Utriculus, Sacculus und den Bogengängen.

Dies ist ein bemerkenswertes Ergebnis einer integrativen Leistung des Gehirns – insbesondere, wenn die Signale nicht miteinander korellieren. Das Gehirn muss herausfinden, welche Signale abzuschwächen oder ganz zu unterdrücken sind, sollten die Signale nicht zusammenpassen oder wenn die Signale eines Kanals gestört sind. Selbst Fische haben Ortolithenorgane und Bogengänge. Die Cochlea, das spezialisierte Hörorgan, entwickelte sich später. Unser Typ speziell bei den Säugetieren. Im Grunde wurde unser Gehirn während der Evolution erwachsen, dabei waren die vestibulären Neuronen und Signalwege jedoch bereits angelegt. Infolge dessen hat unser System zur Bestimmung von Bewegung, Schwerkraft, Druck (Körperinnendruck – Anm. d. Übers.) und Vibration vielgestaltige Verbindungen in weite Bereiche des Gehirns ausgebildet. Sowohl in Hinblick auf die Sinne, die dieses System nutzen als auch durch die Art, wie das Gehirn die Informationen nutzt, kann man sagen, dass dieses System mit allen Bereichen des Gehirns verknüpft ist.
Bei Fischen und Amphibien sind die Otolithenorgane viel bessere Sensoren für Vibration und niederfrequenten Lärm als es deren Hörorgane sind. [11], [12] Wir wissen jetzt, dass sogar bei Mäusen, die ja Säugetiere sind, niederfrequenter, luftübertragener Schall von den Otolithenorganen wahrgenommen wird. [13] Beim Menschen wurde die Wahrnehmung niederfrequenten Schalls durch die Ortolithenorgane durch die Wahrnehmung reinen Knochenschalls nachgewiesen, dabei wird eine Vibrationsquelle direkt am Schädel platziert. [10 Mittelstaedt H. 1996. Somatic graviception. Biol Psychol 42(1-2): 53-74.] [11 Fay RR, Simmons AM. 1999. The sense of hearing and fishes and amphibians. In Comparative Hearing: Fish and Amphibians, ed. Fay RR, Popper AN, pp. 269-317. Springer-Verlag, New York.] [12 Sand O, Karlsen HE. 1986. Detection of infrasound by the Atlantic cod. J Exp Biol 125: 197-204.] [13 Jones GP, Lukashkina VA, Russell IJ, Lukashkin AN. 2010. The vestibular system mediates sensation of low-frequency sounds in mice. J Assoc Res Otolaryngol 2010 Sep 4. [Epub ahead of print]. ]

Bei 100Hz, einer relativ tiefen Note auf einem Klavier, können gesunde Erwachsene eine knochengeleitete Vibration, die 15dB unter ihrer normalen Hörschwelle liegt, registrieren. Vermutlich geschieht dies durch den Utriculus. [14], [15] “Registrieren“ bedeutet in diesem Falle, dass die Vibration Reflexe um die Augen und der Halsmuskulatur auslöst, ein Reflex von dem wir wissen, dass er nur durch vestibuläre Stimulation ausgelöst werden kann. All dies nur, um zu sagen: wir kommen dem Verständnis der Physiopathologie, die das Wind Turbine Syndrome auslöst, näher. Wind Turbine Syndrome gleicht pathologischen Veränderungen des Innenohrs, die Oto- Laryngologen bereits hinlänglich bekannt sind. Die Symptome des Wind Turbine Syndrome sind ein genaues Spiegelbild der Symptomcluster, die praktizierende HNOs seit Jahren bei Patienten mit Gleichgewichtsstörungen aufgrund Erkrankungen des Innenohrs sehen. [16], [17] Jedoch ist es bei vestibulären Erkrankungen nicht der Fall, dass sie in Abhängigkeit von Lärmeintrag auftreten und verschwinden. Sehr wichtig ist, dass Symptome, die mit vestibulären Erkrankungen im Zusammenhang stehen, nicht nur Gleichgewicht oder Benommenheit betreffen, was ich gleich weiter ausführen werde. Vielmehr ist es so, das diese Symptome in einem klinischen Kontext die Verbindung zwischen den Bereichen des Gehirns, die für das Gleichgewicht zuständig sind und jenen, die für Kognition und Erinnerung verantwortlich sind, offen legen.

90% meiner Probegruppe betroffener Individuen, Erwachsene wie Kinder, hatten während der Exposition mit WKA-Geräuschen kognitive Probleme, Probleme, die nachwirkten und nach Ende der Exposition langsam abklangen. Diese (Probleme – Anm. d. Übers.) umfassten Schwierigkeiten beim Lesen, Rechnen, Schreiben, Orthografie, Multitasking in Haus und Küche, Schwierigkeiten, sich an eine Liste von Besorgungen erinnern, einen Gedanken während eines Telefonates verfolgen, der Unfähigkeit einer Handlung einer Fernsehsendung zu folgen, ein Rezept nachkochen oder der Anleitung zum Zusammenbau eines Möbels zu folgen. In der klinischen Praxis haben Patienten mit Gleichgewichtsstörungen Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis, der Konzentration, Multitasking, Mathematik und Lesen. Zum Beispiel zeigen Patienten mit Leckagen der Flüssigkeit des Innenohrs Symptome wie Benommenheit, Kopfschmerzen, steifer Nacken, Schlafstörungen, begleitet von merklicher Verminderung mentaler Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Normalzustand. [18] Diese Form von Leckagen der Perilymphe kann von einem Schleudertrauma, leichtem Schädeltrauma, Druck auf das Ohr oder Ohrtrauma verursacht werden. Dieses Leck ist begleitet von einem Ungleichgewicht der Flüssigkeitsdrücke im Innenohr, auch bekannt als endolymphatischer Hydrops, der sowohl das Gleichgewichtsgefühl als auch das Hörvermögen beeinträchtigt. (Morbus Menière, bei dem Gleichgewichtssinn und Hörvermögen fluktuierenden [14 Todd NPMc, Rosengren SM, Colebatch JG. 2008. Tuning and sensitivity of the human vestibular system to low-frequency vibration.Neuroscience Letters 444: 36-41.] [15 Todd NP, Rosengren SM, Colebatch JG. 2009. A utricular origin of frequency tuning to low-frequency vibration in the human vestibular system? Neurosci Lett 451(3): 175-180.] [16 Grimm RJ, Hemenway WG, Lebray PR, Black FO. 1989. The perilymph fistula syndrome defined in mild head trauma. Acta Otolaryngol Suppl 464: 1-40.] [17 Hanes DA, McCollum G. 2006. Cognitive-vestibular interactions: a review of patient difficulties and possible mechanisms. J Vestib Res 16(3): 75-91.] [18 Grimm et al. 1989.] Störungen unterworfen sind, ist ein endolymphatischer Hydrops, der aus unbekannten Gründen auftritt und wieder abklingt.) Bezeichnenderweise hat Dr. Alec Salt, der nach mir zu den Auswirkungen von Infraschall auf das Innenohr sprechen wird, durch Experimente herausgefunden, dass Infraschallbelastung temporären endolymphatischen Hydrops hervorruft. [19] Dies ist ein möglicher Wirkmechanismus für die Gleichgewichtsstörungen, den Tinnitus, die Kopfschmerzen und die kognitiven Probleme beim Wind Turbine Syndrom.

Der Gleichgewichtssinn ist eng mit Emotionen verknüpft, vor allem mit Angst, Neurosen und Panikattacken. Bis jetzt habe ich darüber gesprochen, wie die Abwesenheit oder die Deformation von Hörinformationen aus dem Innenohr, Denken und Lernen auf der Ebene des Gehirn beeinflusst und wie die Verzerrung von Gleichgewichtsinformation aus dem Innenohr Denken, Erinnerungsvermögen und Konzentrationsfähigkeit ebenfalls auf dieser Ebene beeinträchtigt. Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt in dieser Gruppe von Reiz-Hirnfunktions-Verbindungen, auf den ich eingehen möchte. Der Gleichgewichtssinn ist eng mit Emotionen verknüpft, vor allem mit Angst, Neurosen und Panikattacken. Wenn mein Fuß unter einer Schneeschicht auf Eis ausrutscht und ich mit den Armen rudere, um mein Gleichgewicht zu halten empfinde ich für einen Moment Panik. Mein Mann hat Höhenangst – aus Gründen, die direkt mit der Art und Weise, wie sein Gehirn Signale des Gleichgewichtssinns verarbeitet, zusammenhängt. Ich habe das nicht und ich liebe es am Rande eines Kliffs über dem Meer zu sitzen und Vögeln zuzusehen. Wenn er das bei mir sieht, oder sich selbst dem Kliff nähert oder er in einem Gebäude hoch hinauf geht, fühlt er sich benommen und übel (was unmittelbare Symptome für Gleichgewichtsstörungen sind) aber auch von Panik erfüllt und irrational, erfüllt von der Angst er oder ich würden hinabstürzen oder sogar hinunterspringen. (…)

In einigen Studien zur Verbindung zwischen Gleichgewichtssinn und Angststörungen weisen bis zu 80% der Personen mit Panikstörungen messbare Abweichungen bei der Verarbeitung von Gleichgewichtsinformationen auf. Die Orte, an denen sie Panikattacken bekommen sind die, an denen sie sozusagen ihre „Orientierung verlieren“ und zwar aufgrund der Störung der Signale der Gleichgewichtsorgane und der Eigenart ihres Gehirns mit solcherart gestörten Signalen umzugehen. Supermärkte (Lüftungsanlagen mit hohem Durchsatz = Strömungsgeräuschen – Anm. d. Übers.) sind in dieser Hinsicht ein besonders häufiger Verursacher. In meiner Studie zu Windkraftanlagen wiesen 2/3 der Erwachsenen Probanden (14 von 21) ein sehr besorgniserregendes Spektrum an Symptome auf, wenn Sie hohen Pegeln von WKA-Geräuschen ausgesetzt waren. Sie verspürten Bewegungen im Brustraum, was als ein Zittern, Anspannung oder Pulsieren beschrieben wurde, gefolgt von einem unangenehmen Drang zur Flucht – einfach nur, um dem zu entfliehen. Oder, wenn sie das Gefühl nachts geweckt hatte, Panik, mit Herzrasen, einem Gefühl nicht atmen zu können, oder dem Gefühl, eben ein beunruhigendes Geräusch gehört zu haben, wie dem Brechen eines Fensterglases, verbunden mit dem Bedürfnis aufzustehen, um im Haus zu kontrollieren. Paniksymptome des Wind Turbine Syndrom stehen in Zusammenhang mit einer Anamnese von Bewegungsempfindlichkeit [19 Salt AN. 2004. Acute endolymphatic hydrops generated by exposure of the ear to nontraumatic low- frequency tones. J Assoc Res Otolaryngol5(2): 203-14.].

Keine dieser Personen hatte jemals zuvor in ihrem Leben Panikattacken gehabt. Einige hatten eine Vorgeschichte mit Angststörungen oder Depression, aber zusammengenommen wiesen die Erwachsenen der Studie keine signifikante Korrelation von früheren seelischen Problemen mit dem Auftreten dieser Panikattacken auf. Was allerdings mit der Paniksymptomatik in Zusammenhang stand – und zwar mit hoher statistischer Signifikanz – war eine Vorgeschichte, in der Bewegungsempfindlichkeit auftrat.

Selbst ein abgebrühter Cowboy aus Missouri, ein Schweißer, der Pferde züchtet, wurde nachts von diesen Symptomen in der Nähe der Windturbinen geweckt. Nachdem er mit seiner Familie in die Stadt gezogen war, konnte er schlafen wie ein kleines Kind. Kein Aufwachen mit Paniksymptome mehr. (Es war allerdings seine Frau, die mir all dies berichtet hat). Selbst der Arzt in meiner Studie hatte dieses Symptom. Krabbelkinder und Kinder im Vorschulalter, die Teil meiner Untersuchung waren, hatten ähnliche Anzeichen: nächtliches Erwachen in einem Zustand hoher Alarmbereitschaft verbunden mit einem Unvermögen, ins Bett zurückzukehren oder wieder in den Schlaf zu finden. Kurz gesagt, wir haben gelernt, das es sich bei Lärm, der auf das Ohr trifft, nicht nur um ein Phänomen des Hörens handelt, sondern auch darum, wie sich das Gehirn um dieses Signal herum (re)organisiert.

Zusammenfassung

  • WTS verursacht bei den Betroffenen Tinnitus. Auf physiologischer Ebene betrachtet, ist Tinnitus ein Ergebnis einer veränderten Signalverarbeitung im Gehirn
  • Andere Formen des Umweltlärms haben nachweislich eine nachteilige Wirkung auf die Lernleistungen von Kindern. Dies geschieht durch eine gestörte Verarbeitung von sprachlichen Lauten. Familien, die WKA-Lärm ausgesetzt waren beobachteten eine Verschlechterung der Lernleistung und der Denkfähigkeit ihrer Kinder während der Exposition. Erwachsene hatten während des (Schall-)Eintrags ebenfalls Schwierigkeiten beim Denken, mit ihrem Erinnerungsvermögen und bei der Konzentration.
  • Andere klinische Studien als auch die Hirnforschung zeigen, dass verminderte Denkleistung und Leistungsfähigkeit mit Fehlfunktionen des Innenohrs in Zusammenhang stehen.
  • In einer Vielzahl von Fällen stehen verzerrte Signale der Gleichgewichtsorgane in enger Beziehung mit Panik und Angststörungen. Eine Verbindung, die erklären könnte, weshalb sich nächtliche Panikgefühle bei Menschen, die Windturbinengeräuschen ausgesetzt sind ausbreiten, die zuvor keine Panikattacken kannten, jedoch Bewegungsempfindlich sind. Dr. Alec Salt demontiert A-bewertete Lärmmessungen, indem er nachweist, dass das Ohr eine physiologische Reaktion auf niederfrequenten Schall jener Pegel zeigt, der von Windkraftanlagen ausgeht.

Professor Alec Salt ist Physiologe mit Schwerpunkt Cochlea (Gehörschnecke) und Wissenschaftler im Fachbereich Oto-Laryngologie an der Washington University School of Medicine in St. Louis. Er und seine Studenten untersuchen den Aufbau und das Lymphsystem des Innenohrs bei Meerschweinchen. Seit Jahren benutzen Dr. Salt und seine Kollegen Infraschall, um die Art, wie sich bestimmte Bereiche der Cochlea verhalten, zu manipulieren – nicht, weil sie sich für Infraschall interessierten, sondern weil Infraschall physiologische Wirkungen zeigt, die sich bei der Untersuchung cochlearer Zellen und Flüssigkeiten als nützlich erwiesen haben. Ungefähr im letzten Jahr dokumentierte Dr. Salt dass die zwei Typen von Sensorzellen in der Cochlea, die inneren und die äußeren Haarzellen, unterschiedlich auf Infraschall reagieren. Die inneren Haarzellen, welche diejenigen sind, die Hörreize an das Gehirn senden reagieren nicht auf Infraschall, dafür tun dies aber die äußeren Haarzellen.

Infraschall, so fand er heraus, bewegt die äußeren Haarzellen (OHCs) in einer Weise, dass sie die inneren Haarzellen (IHCs) daran hindern, auf Infraschall zu reagieren. Die äußeren Haarzellen senden Nervensignale sowohl an das Gehirn als auch an andere äußere Haarzellen, aber es ist nicht klar, was diese Signale bewirken, wenn sie das Gehirn erreichen. Was wir jedoch wissen, ist, dass die Signale selbst nicht in einen Höreindruck übersetzt werden. Es gibt einige Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass sie die Wahrnehmung lauter Geräusche im cochlearen Kern beeinflussen, der die erste Schaltstelle bei der Verarbeitung akustischer Reize im Gehirn darstellt. [20], [21] Was für das Wind Turbine Syndrom ausschlaggebend ist, ist Dr. Salts Entdeckung, dass die Cochlea in der Tat auf Infraschall anspricht und als Reaktion auch Signale an das Gehirn sendet, aber das unsere Anatomie und das Verhalten der äußeren Haarzellen uns aktiv daran hindert, den Infraschall zu hören.

Der Frage nachgehend, ob diese Erkenntnis eine Bedeutung für den Menschen und seine Erkrankungen haben könnte, durchsuchte Dr. Salt letzten Winter die medizinische Literatur und stieß auf das Wind Turbine Syndrom. In der Folge veröffentlichte er einen Fachartikel, in dem er die Verbindung zwischen seinen Erkenntnissen mit den Symptomen, bzw. dem klinischen Bild des Wind Turbine Syndroms herstellt. [22] Sein neuester Artikel ist hier zu finden (http://oto2.wustl.edu/cochlea/windmill.html), zusammen mit einer leserfreundlichen Diskussion seiner Bedeutung. Es gibt auch einen Link zur Website des National Institutes of Health (http://www.nidcd.nih.gov/news/releases/10/Pages/07_28_10.aspx), die seine Forschung vorstellt („Wissenschaftler stellt überlieferte Ansicht, nach der was man nicht hören kann auch nicht schaden kann, in Frage“ – Anm. d. Übers.). Er hat auch seinen Vortrag der Konferenz in Picton hier bereitgestellt: http://oto2.wustl.edu/cochlea/WTPicton_salt_final.pdf

In seiner Präsentation verglich Dr. Salt die Spektren von Windkraftanlagen nicht nur mit der Hörkurve des Menschen, wie es die Berater der Windindustrie gerne tun, sondern mit den jeweiligen Kurven für sowohl die inneren Haarzellen als auch die äußeren Haarzellen und zeigte dadurch, dass niederfrequenter Lärm und Infraschall ohne Schwierigkeiten von der gesunden Cochlea wahrgenommen werden können. Er zeigte zudem, wie eine A-gewichtete Schallpegelmessungen besonders die für gesundheitlichen Auswirkungen des Wind Turbine Syndrome relevanten niedrigen Frequenzen unterdrückt, was unter dem Strich die Aussagekraft A-bewerteter Messungen entwertet.

Die Forschung von Dr. Salt ist interessant und wertvoll, weil sie der Behauptung der Windindustrie kategorisch wiederspricht, der Infraschall von Windkraftanlagen sei ohne Bedeutung für die Gesundheit des Menschen, da dieser, so deren Behauptung, unterhalb der Hörschwelle der meisten Menschen liege. Im Gegenteil – das Ohr hat eine physiologische Reaktion auf niederfrequenten Lärm der Pegel, wie sie von Windkraftanlagen emittiert werden, selbst wenn dieser Lärm nicht gehört werden kann. Eine physiologische Reaktion bedeutet natürlich den Ausgangspunkt für klinische Auswirkungen.

In Hinblick auf das Wind Turbine Syndrom befinden wir uns jetzt an einem interessanten Punkt: wir haben eine bewiesene, physiologische Reaktion der Cochlea, ohne dass dazu Erregungsantwort des Gehirns bekannt wäre. Betrachten wir jedoch die Vestibular- (Gleichgewichts-) Organe des Innenohrs (die sich mit der Cochlea sowohl anatomischen [20 Benson TE, Brown MC. 2004. Postsynaptic targets of Type II auditory nerve fibers in the cochlear nucleus. J Assoc Res Otolaryngol 5(2): 111–125.] [21 Weisz C, Glowatzki E, Fuchs P. 2009. The postsynaptic function of Type II cochlear afferents. Nature 461(7267): 1126–1129.] [22 Salt AN, Hullar TE. 2010. Responses of the ear to low frequency sounds, infrasound and wind turbines. Hear Res 268(1-2):12-21.”] Aufbau als auch das endolymphatische System teilen), so wissen wir sogar sehr viel über Reaktionen des Gehirns. Es gibt einen umfassenden Bestand an wissenschaftlicher Literatur dazu, was das Gehirn mit gesunden oder pathologischen vestibularen Signalen in Hinblick auf Sinneswahrnehmung, Krankheitserscheinungen, in Bezug auf die Signalwege des Gehirns sowie mit funktionalen oder experimentell induzierten Störungen macht. [23] Wir wissen ebenfalls, dass der Symptomkomplex des Wind Turbine Syndroms einer vestibularen Dysfunktion sehr stark gleicht.

Was fehlt, ist der direkte Beweis, dass luftübertragener Infraschall die Haarzellen der Vestibularorgane stimuliert. Dr. Salt berichtete uns in seinem Beitrag, dass die vestibularen Haarzellen „gestimmt“ sind (was bedeutete, dass sie das beste Signalverhalten haben), und zwar auf Körperschall im Bereich des Infraschalls, nur hat bislang niemand die Reaktion dieser Zellen auf „akustischen“ (also luftübertragenen) Infraschall, der durch Außen- und Mittelohr eindringt, untersucht.

„Springende Mäuse“. Die Gleichgewichtsorgane von Säugetieren registrieren luftübertragenen, niederfrequenten Schall mittels ihrer Otolithenorgane (Sacculus und Utriculus). Ich nehme an, dass es nur eine Frage der Zeit (…) ist, bis eine Forschergruppe nachweist, dass luftübertragener Infraschall die vestibulären Haarzellen stimuliert, oder nachweist, dass der Mensch eine vestibuläre Signalantwort auf luftübertragenen Infraschall zeigt. Meine Prognose stützt sich zum Teil auf einen neuen Artikel, den mir Dr. Salt direkt nach der Konferenz zuschickte. Der Titel “Das vestibuläre System als Mediator niederfrequenter Höreindrücke bei Mäusen. [24 The vestibular system mediates sensation of low-frequency sounds in mice] (Anm. d. Übers.: Link: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2975890/?tool=pubmed) Darin erklären die Autoren, wie das „evolutionsgeschichtlich alte Hörvermögen“ des Sacculus nicht nur bei Fischen und Amphibien erhalten blieb, sondern, basierend auf neuen Belegen, auch bei Vögeln und Säugetieren.

Die Autoren legen dar, wie die Otolithenorgane von Mäusen auf niederfrequenten, luftübertragenen Schall unterhalb der Hörschwelle der Cochlea reagieren. Mäuse springen hoch, wenn sie durch ein Piepgeräusch erschreckt werden. Sie zeigen eine verstärkte Schreckreaktion, wenn gleichzeitig ein Hintergrundgeräusch mittlerer oder niederer Frequenz vorhanden war. Die Autoren registrierten diese „Schreckreation“ – wie stark die Mäuse sprangen – quantitativ, mittels einer kleinen elektronischen Plattform. Genetisch normale Mäuse zeigen verstärktes Springen beim Vorhandensein von entweder mittel- oder niederfrequentem Geräusch. Die Autoren testeten jedoch auch Mäuse, die aus genetischen Gründen niemals Otolithen (die kleinen Steinchen) in ihren Otolithenorganen (Sacculus und Utriculus) entwickelt hatten. Bezeichnenderweise zeigten diese vestibulär defizienten Mäuse die starken Schreckreaktionen ausschließlich dann, wenn der Stimulus durch das Hintergrundgeräusch innerhalb des Frequenzbereiches von deren Cochlea lag. Sie konnten den Stimulus durch das niederfrequente Hintergrundgeräusch nicht wie die Mäuse mit funktionierenden Otolithenorganen, wahrnehmen. Hüpfende Mäuse also. Die Autoren dieser Studie haben gezeigt, dass Ohren von Säugetieren unter Zuhilfenahme der für Gleichgewichtssinn und Bewegungserkennung genutzten Otolithenorgane luftübertragenen, niederfrequenten Schall registrieren, der für die Erkennung durch ihre Cochlea zu schwach ist. Dieser (Schall) verstärkt ihre Schreckreaktion. Jetzt stellen Sie sich „aufspringende Menschen“ vor – mitten in der Nacht aufgeschreckt aus dem Schlaf, durch die Anwesenheit niederfrequenten- oder Infraschalls unterhalb der Hörschwelle, verursacht von Windkraftanlagen. (Anmerkung d. Übers.: ein in allen aktuellen Feldstudien zu [23 This field is reviewed in Wind Turbine Syndrome, pp. 72-99, 195-205, and 226-244.] [24 Jones et al. 2010.] IS / niederfrequentem Lärm genannte Symptom waren Schlafstörungen und insbesondere Aufschrecken aus dem Schlaf.)

Hinweise dieser Art legen folgenden Wirkmechanismus für das Wind Turbine Syndrom nahe: Luft- oder Körperschall niederer Frequenz stimuliert das Innenohr direkt, was physiologische Reaktionen von sowohl Cochlea als auch Otolithenorganen bewirkt. Mechanismen in der Cochlea unterdrücken einen Höreindruck niederfrequenten Schalls, dennoch werden Signale an das Gehirn geleitet – Signale, deren Funktion zum gegenwärtigen Zeitpunkt größtenteils unbekannt ist. Die physiologische Reaktion der Cochlea auf WKA-Lärm ist zudem ein Auslöser für Tinnitus und für jene neurologischen Veränderungen, die Tinnitus als Symptom zur Folge haben. Veränderungen, die einen Einfluss auf die Verarbeitung von Sprache und sprachbasierender Lernprozesse haben. Physiologische Reaktionen und Signale der Otolithenorgane stehen in Verbindung mit einem breiten Spektrum von Reaktionen des Gehirns auf vestibuläre Signale, unter anderem Benommenheit, Übelkeit (Kinetose ohne die auslösende Bewegung), Angstgefühle und Schreckreaktionen (Aufschrecken, Schlaflosigkeit), sowie Schwierigkeiten bei der Bewältigung visuell-räumlicher Aufgabenstellungen. Dr. Christopher Hanning, MD, Weckreaktionen des zentralen Nervensystems Die Wechselwirkungen zwischen Schlaf und Ohr-Hirn-Mechanismen sind interessant. Windkraftanlagen erzeugen ein besonders beunruhigendes Geräuschprofil, das über ein hohes Erregungspotenzial verfügt, wie Dr. Chris Hanning, ein Schlafexperte, bei der Konferenz darlegte. (Anm. D. Übers.: Christopher Hanning, MD, FRCA, LRCP, bis 2007 Honorary Consultant in Sleep Disorders Medicine to the University Hospitals of Leicester NHS Trust, UK)

Unser Schlaf wird nicht nur dann gestört, wenn wir vollständig erwachen, sondern auch bei einer subklinischen Weckreaktion, bei der sowohl der Köper als auch das Gehirn auf eine Ebene leichteren Schlafs gebracht werden, ohne jedoch vollständig zu erwachen. Diese Weckreaktion bedarf sogar noch geringerer Lärmpegel als eine vollständige Aufwachreaktion, stört aber dennoch den Schlaf und seine erholende Wirkung auf Stimmungslage, Erinnerungsvermögen, Denkleistung, Aufmerksamkeit und Koordinationsvermögen. Von Mensch zu Mensch bestehen Unterschiede hinsichtlich ihrer Schlaftiefe und ihrer Resilienz gegenüber lärmverursachten Weckreationen oder vollständigem Aufwachen. Wir können den Grad der Schlafstörung zuverlässig dadurch bestimmen, indem wir Probandeneinen Fragenkatalog zu ihrer Tagesleitungsfähigkeit beantworten lassen. Rick James, Ingenieur für Lärmschutz: Das Sick Building Sydrom

In Hinblick auf Studien zu Lärm von Windkraftanlagen präsentierte Rick James, Ingenieur für Lärmschutz, Daten von Messungen, die den störenden und alarmierend wirkenden Charakter des Lärms von Windkraftanlagen aufzeigten: Hohe Pegel von niederfrequentem Lärm und Infraschall, sowie die pulsierende Charakteristik des NF und IS Lärms. Sowohl der hörbare Lärm als auch der Infraschall weisen Amplitudenmodulationen (was bedeutet, dass die Lautstärke zu- und abnimmt) auf – eine Eigenschaft, die deutlich zu deren störenden Charakter beiträgt. Die Anordnung und die Abstände von Turbinen in Gruppen beeinflusst ebenfalls, wie viel Lärm sie verursachen, da eine zweite Turbine, die im turbulenten Abwind einer anderen arbeitet, mehr Lärm verursacht.

Herr James hatte Forschungsergebnisse der 80er und 90er zu Erkrankungen von Büroangestellten analysiert, die durch niederfrequenten Lärm aufgrund schlecht synchronisierter Ventilatoren oder vibrierender Lüftungskanälen von Heizungs-, Lüftungs- oder Klimaanlagen in großen Gebäuden verursacht worden waren. Die Untersuchungen bei diesen speziellen Fällen des „Sick Building Syndrome“ konzentrierten sich auf die schädlichen Auswirkungen niederfrequenten Lärms auf die Arbeitsleistung und beinhaltete eine 12 experimentelle Bewertung der Auswirkungen niederfrequenten Lärms auf Konzentration und Stimmungslage. [25] Dennoch ein Wort der Warnung: Der Begriff des Sick Building Syndroms wird gewöhnlich mit Problemen der Luftqualität in Innenräumen in Verbindung gebracht (das beinhaltet Ausgasungen, Allergene, Infektionskeime, Lösungsmittelgerüche und die Frischluftzufuhr). Das Syndrom umfasst zudem Reizungen der Haut, Augen und Atemwege, sowie Erschöpfung, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Übelkeit und Benommenheit. [26] Letztere Symptome stehen in anderen Fällen oft im Zusammenhang mit einer Exposition mit niederfrequentem Lärm, während dies für Haut- und Schleimhautreizungen nicht zutrifft. Anders ausgedrückt, obwohl sich das Wind Turbine Syndrom und das Sick Building Syndrom die Symptome der Lärmbelastung teilen, bezeichnen sie doch nicht das Gleiche. Dr. Michael Nissenbaum berichtet davon dass Teilnehmer einer Studie bis zu einer Distanz von 3 Meilen / 5km von Windkraftanlagen Auswirkungen auf Schlafqualität und Stimmungslage zeigen, die eine direkte Korrelation des Abstands zur Windkraftanlage darstellen.

Zum Abschluss legte Dr. Michael Nissenbaum, ein Mediziner aus Maine, eine Studie über 79 erwachsene Probanden vor, die in einem Abstand von bis zu 3 Meilen / 5km zu WKAs in Maine leben und die (so im klinischen Kontext genannte) validierte Fragenkataloge zu Schlafstörungen und allgemeinem körperlichen und geistigen Wohlbefinden auszufüllen hatten. Die Gruppe teilte sich – basierend auf dem Abstand zu den Turbinen – in eine Studien- und eine Kontrollgruppe auf. Dr. Nissenbaum fand Unterschiede zwischen Kontroll- und Studiengruppe in Hinblick auf mehrere Schlafqualitätsindizes sowie beim geistigen Wohlbefinden im allgemeinen Teil der Erhebung. Noch bemerkenswerter war, dass er durch Zusammenlegen der Daten von Studien- und Kontrollgruppe eine Dosis-Wirkungs-Beziehung bis zu einem Abstand von 5 km zu den Turbinen finden konnte. Herr Nissenbaum berichtete, dass Probanden bis zu 5 km von den Turbinen Auswirkungen auf Schlaf und Stimmung zeigten, die direkt von der Entfernung zu den Turbinen abhängig war – und zwar unabhängig davon, ob sie zur Kontroll- oder Studiengruppe gehörten. Dies ist eine wertvolle Untersuchung. Die Untersuchung verlangte von den Testpersonen lediglich Auskünfte zur derzeitigen Schlafqualität sowie zum Wohlbefinden ohne Bezug auf die Windkraftanlagen zu nehmen. Die Auswirkungen der Turbinengeräusche sind offenbar viel weiter weg zu finden als im Bereich der 1,5-2km Sicherheitszone, wie sie von vielen Wissenschaftlern (einschließlich mir) gefordert wird, obwohl es bei 1,4km einen Abfall der Symptome zu verzeichnen gab. Die Fragebogen stellten keine Erhebung zur vollständigen Erfassung aller WTS Symptome dar, sondern liefern eine standardisierte und quantifizierte Angabe eines wichtigen Symptoms – der der Schlafstörung, sowie allgemeine Informationen zu allgemeiner und geistiger Gesundheit im Zusammenhang mit Windkraftanlagen.

Der Aspekt der Menschlichkeit beim Wind Turbine Syndrom

Das ist also der Stand der Forschung zu WTS, ein Jahr nachdem ich „Wind Turbine Syndrome: A Report on a Natural Experiment“ veröffentlicht habe. Wie ich bereits zuvor gesagt habe, haben wir umfassende Fortschritte dabei gemacht, herauszufinden, welches der zugrundeliegende Mechanismus (…) sowie begleitende Faktoren sind. [25 Persson Waye K, Rylander Right, Benton S, Leventhall HG. 1997. Effects on performance and work quality due to low frequency ventilation noise. J Sound Vibr 205(4): 467-474.] [26 World Health Organization. 1982. Indoor air pollutants: exposure and health effects. Pp. 23-25.]

Es gilt dabei hervorzuheben, dass, wenngleich mit einer lobenswerten Ausnahme, nichts von alledem finanzielle oder moralische Unterstützung durch den Staat, von Stiftungen oder durch die Industrie erfahren hat. Ganz im Gegenteil. Regierungen (auf allen Ebenen) und die Windkraftindustrie haben aktiv versucht, dieser Forschung entgegenzuwirken, doch – und dies freut mich ungemein – wurde diese trotz deren Widerstand fertiggestellt.

Die Ausnahme sind die National Institutes of Health, die die Forschung von Dr. Alec Salt finanziert haben. Lob und Ehre dem NIH! Ein letztes Wort. Für mich war es gleichzeitig ernüchternd als auch anregend bei der Konferenz mit Opfern des Wind Turbine Syndroms zu sprechen. Zeitweise durch politisches und journalistisches „Störfeuer“ abgelenkt, vergesse ich manchmal, wie gravierend WTS eigentlich ist.

Unabhängig voneinander haben mir ein Mann und eine Frau aus unterschiedlichen Ländern ruhig davon erzählt, dass sie sich mit dem Gedanken tragen, sich das Leben zu nehmen. Beide sind älter, befinden sich in guten Ehen, führen ein produktives Leben und verfügen über ausreichende Rücklagen. Eine Person wurde durch schweres Übelkeitsgefühl und Erbrechen aus ihrem Haus vertrieben, die andere wird krank, sobald sie zu ihrem Haus zurückkehrt. Während Regierungen, die Windkraftindustrie und deren Gefolgsleute in Medizin und Wissenschaft sowie die Medien damit fortfahren, das Erlebte dieser Menschen kleinzureden und lächerlich zu machen – der Himmel weiß, wie sehr Medien von Verleugnung, Gift und Spott erfüllt sind (…) – werde ich, wieder einmal, daran erinnert, dass die körperlichen, geistigen, sozialen und finanziellen Auswirkungen dieses leicht behebbaren Zustandes schrecklich sind.