Vermeintliche Experten zum Thema Infraschall

Wie in der ButzbacherZeitung am 10. Juni 2014 zu lesen war, haben sich die Wetterauer Grünen mit “Experten” zum Thema Infraschall, ausgehend von Windkraftanlagen besprochen. Mit dem auf diesem Wege erlangten Wissen haben Sie sich dann auch direkt mit einem Zeitungsartikel zu Wort gemeldet. Leider macht es den Anschein, als wurden die Teilnehmer der Experten-Gesprächsrunde schlecht informiert oder haben den Sachverhalt falsch bzw. unzureichend verstanden und/oder wiedergegeben.

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von links nach rechts: Diethardt Stamm, Ralf Naujoks, Jürgen Hutfiels und Marcus Stadler

So konnten wir nachstehende Äußerungen der Zeitung entnehmen:

Diethardt Stamm (Grünen-Energie-Experte)

Infraschall sind physikalisch betrachtet Schallwellen in einem Frequenzbereich unter 20 Hertz, die vom menschlichen Ohr nicht mehr gehört werden können. Solche Schallwellen erzeugt schon jede kleine Windböe, die Meeresbrandung, aber auch jeder laufende Motor, sei es in einem Küchengerät oder im Auto. Gerade im Auto sei man dem Schall meist in geringem Abstand ausgesetzt, trotzdem kommt niemand auf die Idee, Infraschall hier als Gefahrenquelle zu thematisieren.

Was Infraschall ist (Schallwellen) und wie dieser international definiert wird (unter 20 Hertz) wurde korrekt erfasst und richtig wiedergegeben. Auch bei den genannten natürlichen (Windböe und Meeresbrandung) und künstlichen Infraschallerzeugern (Küchengerät und Auto) ist nichts anzumerken, obwohl man sich doch eigentlich über den von industriellen Windkraftanlagen verursachten Infraschall unterhalten hatte!?

… hatte das Landesamt exakt den Windradtyp untersucht, den die Betzenröder Windenergie GbR in Schotten Betzenrod seit 16 Jahren betreibt.

Diese 16 Jahre alten und recht kleinen Anlagen in einem aktuellen Zeitungsartikel mit Bezug zum Thema Infraschall und Gesundheitsgefahren für den Menschen zu nennen, erscheint doch mehr als gewagt. So handelt es sich in Betzenrod im eine AN Bonus 450 KW/37, eine Fuhrländer 750 KW und eine Nordex 54 1MW. Die Anlagen haben Nabenhöhen zwischen 40 und 70 Meter und sind mit Rotoren einer Länge von 15 bis 27 Metern besetzt.
Anlagen die heute aufgebaut werden, wie die derzeit in Wohnbach geplanten vom Typ Enercon E-101, haben eine Nabenhöhe von 140 Metern mit einem Rotordurchmesser von 101 Metern und sind somit 200 Meter hoch. -Der Vergleich von Herrn Diethardt Stamm hinkt.

Ralf Naujoks (Allgemeinmediziner)

.. verwies auf die Vielzahl künstlicher Infraschallquellen von der Eisenbahn bis hin zu Waschmaschinen oder Heizungspumpen. Laut ihm verursacht Infraschall bei Windrädern keine Gesundheitsschäden, weder über die Geräusche des Generators in der Gondel noch über Rotorblätter, die am Mast vorbeistreichen. Es gebe keine ernst zu nehmende Studie, die auf gesundheitliche Schäden hinweist.

Jetzt werden die Aussagen im genannten Kontext Infraschall und Gesundheitsgefährdung nicht mehr tragbar, wenn man die aktuellen Studienergebnisse des Bundesumweltamtes (Kurzfassung in Form eines Kommentars von Dr. med. Johannes Mayer / Fachvortrag  vom 9. Mai 2014 – Wirkung von Infraschall) von diesem Jahr einsieht und dagegen hält. Wie ein Allgemeinmediziner trotz der seit vielen Jahren stetig wachsenden Zahl wissenschaftlicher Studien im In- und Ausland eine solche Aussage treffen kann ist nicht mehr nachvollziehbar…
Auch wenn Herrn Ralf Naujoks der Zugang zu den vielen Studien nicht möglich war, so hätte er doch wenigstens als Allgemeinmediziner mitbekommen müssen, das es inzwischen sogar bei den Krankenkassen den enerkannten “Diagnoseschlüssel ICD-10-GM2010 – Code T75.2 – Schäden durch Vibration und Schwindel durch Infraschall” zur Abrechnung gibt!

Zudem sei der Umgang mit tieffrequenten Geräuschen gesetzlich in der Vorschrift “TA-Lärm” geregelt und werde bei Windkraftanlagen strikt eingehalten.

Hier ist darauf hinzuweisen, dass die “TA-Lärm” laut der aktuellen Studie des Bundesumweltamtes hinsichtlich des Infraschllbereichs in die Kritik gerät, da der Frequenzbereich unter 20 Hertz gar nicht berücksichtigt wird. Der niederfrequente Lärm (kleiner 100 Hertz) wird zudem nur gedämpft bewertet (siehe Artikel und Grafiken “Messverfahren erfassen das volle Lärmspektrum einer Windkraftanlage nicht“). Somit ist die Einhaltung nach TA-Lärm zwar gegeben, steht aber konträr zu den zwischenzeitlich vorliegenden Erkenntnissen. Eine Nachbesserung der “TA-Lärm” wird inzwischen auch von der Studie des Bundesumweltamtes gefordert.

… sagte, liege der Schalldruckpegel bei einem Auto bei Tempo 100 um 50 Prozent höher als bei einer Windkraftanlage in einem Abstand von zehn Metern. Er zitierte eine Studie des Bundesgesundheitsamts, bei der Probanten über einen längeren Zeitraum Infraschallquellen von bis 125 db(A) ausgesetzt wurden. Bei keinem Probanten traten die von Windkraftgegnern häufig genannten Gleichgewichtsstörungen oder Übelkeitserscheinungen auf.

Ein weiterer Koktail von verschiedensten Aussagen, der hier nicht wirklich zielführend ist. Welcher Frequenzbereich bei welcher Messmethode wurde beim Vergleich Auto zu Windkraftanalage zu Grunde gelegt? Mit welcher konkreten Windkraftanlage (Größe und Typ) wurde das Auto verglichen? Was ist mit einem längeren Zeitraum bei der zitierten Studie gemeint? Haben die Probanten über Jahre hinweg neben diesen Infraschallquellen gewohnt und Nachts versucht in den Tiefschlaf zu gelangen?

Marcus Stadler (Grünen-Sprecher)

… verwies auf Untersuchungen des Landesamtes für Umweltschutz in Bayern. Das habe festgestellt, dass im Infraschallbereich liegende Schallemissionen der Windräder von Menschen nicht wahrgenommen werden und daher zu keinen Belastungen führen könnten – auch da die Anlagen in Hessen mindestens 600 Meter Abstand zur Wohnbebauung haben müssten und die Wellenintensität im Quadrat der Entfernung abnehme.

Die zitierten Untersuchungen des Landesamtes für Umweltschutz in Bayern sind inzwischen ebenfalls überholt worden und so gilt in Bayern derweil die Abstandsregelung Anlagenhöhe mal 10. Bei einer 200 Meter hohen Anlage sind das dann 2000 Meter. In einem Zeitungsartikel zu suggerieren, dass 600 Meter Abstand bei den derzeit geplanten Anlagen (Höhen von 200 Metern) zur Wohnbebauung ausreichen, ist schon grob fahrlässig.
Auch weiss Herr Marcus Stadler offensichtlich nicht, dass in den USA aufgrund vieler Studien der Grundsatz “Was man nicht hört kann einem auch nicht schaden” beim American Institute of Health bereits 2010 revidiert worden ist. Man ist sich im amerikanischen Gesundheisministerium somit seit vielen Jahren darüber bewusst, dass gerade der nicht hörbare niederfrequente Lärm zu Beeinträchtigungen und Schädigungen beim Menschen führen kann.

Jürgen Hutfiels (BUND-Kreisverband Wetterau)

… erinnerte daran, dass auch das NRW-Landesumweltamt bereits vor über zehn Jahren festgestellt habe, dass der Infraschalldruckpegel bei Megawatt-Windkraftanlagen so gering sei, dass man ihn als völlig harmlos einschätzen könne.

Dass man vor gut zehn Jahren im Umgang mit Windkraftanlagen einen anderen Kenntnisstand hatte, ist nicht verwunderlich. So waren die Anlagen deutlich kleiner und die Problematik des niederfrequenten Lärms und des Infraschalls trat nicht in der massiven Form auf, wie heute bei modernen industriellen Windkraftanlagen. Warum Herr Jürgen Hutfiels allerdings an einer derart veralteten Studie festhält, ist nicht zu verstehen.

Fazit:

Die oben genannten Vertreter haben ihre Hausaufgaben in Sachen Infraschall, verursacht von industriellen Windkraftanlagen, und der Gesundheitsgefährdung der Menschen nach meinem Empfinden unzureichend gemacht. Zudem sind sie mit diesem überholten Kenntnisstand an die Öffentlichkeit getreten und wollten als vermeintliche “Experten” und “verantwortungsbewusste Vertreter” verschiedenster Organisationen die Bevölkerung aufklären und uns glauben machen, dass keinerlei Gefahr für die Gesundheit der Menschen vom Infraschall, verursacht von industriellen Windkraftanlagen, bei zu geringem Abstand zur Wohnbebauung ausgeht. Unsere Gesundheit ist uns laut Grundgesetz garantiert und hat somit oberste Priorität. Dies scheint jedoch bei den zitierten Vertretern nicht mit dem nötigen Ernst und Verantwortungsgefühl wahrgenommen zu werden.
Die hier getroffenen Aussagen sind angesichts der verfügbaren Informationen nicht zu verstehen und es drängt sich der Verdacht auf, dass hier womöglich Eigeninteressen im politischen und wirtschaftlichen Bereich vorrangig vertreten werden. Schade, dass sich die genannten Vertreter Herr Diethardt Stamm, Herr Ralf Naujoks, Herr Marcus Stadler und Herr Jürgen Hutfiels mit ihrem überholten Kenntnisstand derart öffentlich deklassiert haben. Über deren Reputation kann nun die Bevölkerung selbst entscheiden…

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